Europas größter Motorradhersteller KTM ist vorerst gerettet. Dank Finanzspritze von Rajiv Bajaj. Jetzt bestimmen Inder in Mattighofen.
Mattighofen. Diese Woche endlich – die große Erleichterung: Die Pierer Mobility und ihre insolvente Tochter KTM haben Finanzierungszusagen zur Erfüllung der 30-Prozent-Barquote im Insolvenzverfahren erhalten. Nötig waren rund 600 Mio. Euro bis 23. Mai. Das Geld ist schon auf dem Konto des Sanierungsverwalters. In den nächsten zwei Wochen geht es an die Gläubiger. Der Motorradhersteller KTM ist damit gerettet.
Dreistelliger Millionen-Betrag
Der Großteil des Millionen-Betrags kam dabei vom indischen Miteigentümer Rajiv Bajaj (58). Das Familienimperium der industriellen Inder hat seit dem Insolvenzantrag im November des Vorjahres bereits mehrfach Millionen zugeschossen. Bajaj fordert jetzt mehr Mitspracherecht im KTM-Konzern. Ihm gehören nun drei Viertel der Aktien der KTM-Mutter Pierer Mobility.Ex-KTM-Chef Stefan Pierer selbst ist draußen. Er hat seine Aktien abgegeben und verlässt den Vorstand.
Neumeister und Zöchling bleiben
Der jetzige KTM-CEO Gottfried Neumeister bleibt. Auch Aufsichtsratschef Stephan Zöchling übt sein Amt weiter aus. In Zukunft werden wohl einige Vertrauenspersonen des indischen Eigentümers in Vorstand und Aufsichtsrat eingesetzt.
Aber wer steckt hinter dem indischen Industrie-Giganten Bajaj – wie tickt der Inder, der jetzt in Mattighofen das Sagen hat?
Das Wirtschaftsmagazin „trend“ besuchte CEO Rajiv Bajaj vor rund zehn Jahren in Indien und ließ anlässlich der KTM-Rettung die Begegnung Revue passieren.
Trotz des schweren Reichtums trägt Bajaj dasselbe einfache, weiße Poloshirt, das auch sämtliche Mitarbeiter bei der Arbeit tragen. Bei Antworten neigt er dazu, auszuschweifen, zeigt sich auch von der Homöopathie und alternativmedizinischen Lehren nicht abgeneigt. Auch Yoga-Fan soll er sein.
Enge Verbindung zu Gandhi
Heute ist Bajaj 58 Jahre alt. Sein Urgroßvater Jamnalal Bajaj war ein Adoptivsohn des indischen Staatsgründers Mahatma Gandhi. Heute umfasst das Bajaj-Imperium 40 Unternehmen, dabei ist Rajiv Bajaj verantwortlich für den Zweirad-Zweig. Rajiv Bajaj wuchs im indischen Industrieadel auf, reich und behütet. Die indische Realität mit Armut und Klassenunterschieden bekam er natürlich mit. Zielstrebigkeit ist ein Merkmal von Bajaj.
Maschinenbaustudium
Er schloss sein Maschinenbaustudium an der Universität von Pune als Klassenbester ab und absolvierte anschließend einen Master in Manufacturing Systems Engineering an der englischen Universität von Warwick – mit Auszeichnung.
Minutiös geplant
Die KTM-Fertigung in der indischen Stadt Pune ist minutiös durchgetaktet. Vor Schichtbeginn um 6.30 und 15.30 Uhr nehmen Hunderte Arbeiter in den weißen Bajaj-Polos Aufstellung. Für gemeinsame Morgenübungen sind drei Minuten eingeplant, für die indische Nationalhymne ist eine Minute reserviert. Eine weitere Minute gibt es für das Austeilen der Arbeitsaufträge. Die Mittagspause beträgt laut „trend“ 35 Minuten.
Arbeitsplätze laut Indern gesichert
Ende November 2024 war KTM insolvent geworden und beantragte ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung. 1.250 Lieferanten und Banken sowie 2.600 Dienstnehmer meldeten Forderungen in der Höhe von rund 2,2 Mrd. Euro an. Davon können 30% jetzt beglichen werden.
Die Produktion von KTM war im Mai erneut heruntergefahren worden, weil die Lieferketten unter der Insolvenz gelitten hatten und man keine Bauteile mehr hatte. Am 28. Juli soll die Produktion in vollem Umfang hochgefahren werden – auf vier Linien sollen Motorräder produziert werden. Die Arbeitsplätze und der Standort sind laut den Indern gesichert.











