Wasser und Energiegewinnung gehören schon lange zusammen. Viele denken bei diesem Thema zuerst an große Wasserkraftwerke in Flüssen oder an moderne Anlagen zur Nutzung von Gezeiten und Wellen. Eine Form des Wassers bleibt dabei jedoch fast immer unbeachtet: Regen.
Ein Team von Wissenschaftlern in Singapur (Stadtstaat in Südostasien) hat nun ein Verfahren vorgestellt, mit dem auch Regentropfen zur Stromquelle werden können – mit überraschend hoher Effizienz.
Energie aus Tropfen
Die Forscher haben im Labor eine Methode entwickelt, bei der einzelne Wassertropfen durch ein dünnes Röhrchen fallen. Dabei wird ein physikalischer Effekt genutzt, der als Pfropfenströmung bekannt ist. Diese besondere Strömungsform entsteht, wenn Flüssigkeit durch ein sehr schmales Rohr fließt.
Während sich das Wasser im Inneren gleichmäßig bewegt, verlangsamt sich der Fluss direkt an den Rohrwänden. Die Flüssigkeit formt dadurch einzelne Tropfen-Abschnitte, die durch kleine Luftblasen voneinander getrennt sind – eben wie Pfropfen.
Das Experiment: Mit dünnem Röhrchen zum Strom
Um die Methode zu testen, simulierten die Wissenschaftler Regentropfen mithilfe einer Nadel. Diese Tropfen fielen in eine nur zwei Millimeter breite und 32 Zentimeter lange Glasröhre. Beim Aufprall auf die Röhre zerplatzte der Tropfen in mehrere kleine Teile, die dann als Pfropfen nach unten glitten.
Durch die Bewegung trennt sich elektrische Ladung vom Wasser. Ein Draht verband das obere Ende der Röhre mit einer Schale am unteren Ende. Dadurch ließ sich ein Teil der entstandenen Energie direkt als Strom nutzbar machen. Erstaunlich: Über zehn Prozent der Energie, die durch das fallende Wasser erzeugt wurde, konnte auf diese Weise in Elektrizität umgewandelt werden.
Mehr Röhren, mehr Energie
Im Vergleich zu einem gleichmäßigen Wasserfluss, wie man ihn etwa aus einem Wasserhahn kennt, war die Stromausbeute durch die Pfropfenströmung rund fünfmal höher. Noch interessanter: Die Forschenden vermuten, dass bei echtem Regen – also mit höherer Fallgeschwindigkeit – deutlich mehr Energie erzeugt werden kann.
Ein weiteres Experiment zeigte, dass sich die erzeugte Energie steigern lässt, wenn mehrere Röhren gleichzeitig verwendet werden. Mit vier dieser Röhren konnte bereits so viel Strom erzeugt werden, dass zwölf kleine LED-Lampen dauerhaft leuchteten.
Anwendungsmöglichkeiten
Laut den Forschern könnte diese Methode langfristig eine günstige Alternative zu klassischen Wasserkraftwerken darstellen. Der Aufbau sei einfach, die Wartung ebenfalls – und die Technik könne in kleinen Einheiten umgesetzt werden. So wäre es etwa möglich, solche Systeme auf Hausdächern zu montieren – vor allem in städtischen Gebieten mit hoher Niederschlagsmenge.
Allerdings müsste in jedem Fall auch ein Stromspeicher eingebaut werden. Denn ohne Speicherung könnte man nur dann Energie nutzen, wenn es gerade regnet. Selbst an sehr regenreichen Orten wie Buenaventura (liegt in Kolumbien, Südamerika) – dort regnet es durchschnittlich an 258 Tagen im Jahr – gäbe es noch über 100 Tage ohne Niederschlag. Zum Vergleich: Der europäische Ort mit den meisten Regentagen ist Carna (liegt in Irland), mit rund 160 Regentagen jährlich.
Kombinieren statt ersetzen
Die Pfropfenströmungsanlage eignet sich daher eher als Ergänzung zu bestehenden Energieformen. Besonders sinnvoll wäre eine Kombination mit Solar- oder Windkraftanlagen. So könnten Infrastruktur und Stromspeicher gemeinsam genutzt und Kosten gesenkt werden. Der Vorteil liegt in der Flexibilität: Bei Sonnenschein liefert die Solaranlage Strom, bei Regen übernehmen die Tropfen.












