“Ohne strukturelle Veränderungen, industrielle Reformen werden wir nicht aus der Stagnation rauskommen”, sagt IV-Präsident Georg Knill.
Wien. Die IV wünscht sich rasch eine Regierung – und die müsse den Standort Österreich, der derzeit nur mehr bedingt wettbewerbsfähig sei, rasch wieder auf Vordermann bringen. Doch was hat der Standort Österreich aus Sicht der Industriellenvereinigung (IV) unter anderem für ein Problem? “Wir nehmen am Weltwachstum nicht mehr teil. Wir haben uns aus dem Markt herausgepreist”, hält IV-Präsident Georg Knill im APA-Gespräch fest.
Damit spricht er die Kosten an für Arbeit, Energie und Bürokratie. Die Wettbewerbsfähigkeit sei nicht mehr gegeben, politisch mangle es dabei an Verständnis. Es gehe nicht um Leistung, die heimische Wirtschaft sei weiter innovativ – es gehe um die Preissituation: “Wir partizipieren nicht mehr am Weltwachstum.” Und: “Viele der handelnden Personen haben Marktwirtschaft noch nicht persönlich erlebt”, sagt er über die Politik. “Sie waren immer in geschützten Märkten oder protektionierten Bereichen tätig.”
“Deindustrialisierung findet statt”
“Die Deindustrialisierung findet statt.” Investitionen würden zurückgefahren, Aufträge fehlten, Mitarbeiter könnten nicht mehr gehalten werden. “Das alles passiert jetzt. Die Arbeitslosigkeit im produzierenden Sektor wird 2025 wohl weiter steigen.” Schon zuletzt gab es in dem Bereich überdurchschnittlich hohe Steigerungen bei der Zahl der Arbeitslosen.
“Die konjunkturellen und strukturellen Probleme sind schlussendlich für Wohlstand und Sozialstaat fatal”, gibt der IV-Chef zu bedenken. Die Industrie sorgt in Österreich für ein Viertel der Wertschöpfung und Beschäftigung.
“Ohne strukturelle Veränderungen, industrielle Reformen werden wir nicht aus der Stagnation rauskommen”, so Knill weiter. “Wir brauchen einen Befreiungsschlag aus Verboten und Reglementierungen, europäisch und speziell national. Wir brauchen wieder unternehmerische und wirtschaftliche Freiheit gepaart mit stabilen Rahmenbedingungen.” Aber: “Die Verlässlichkeit der Politik ist nicht gegeben. Das ist fatal.” Investoren würden Kapital aus Österreich abziehen. Der Kapitalmarkt gehöre grundsätzlich als eine Säule in die Pensionssicherung involviert. Erst kürzlich verlangte Knill von den Regierungsverhandlerinnen und -verhandlern gegenüber der APA mehr Tempo.
Mehr vorzeitige Abschreibungen erwünscht
Zum Beispiel wären vorzeitige Abschreibungsmöglichkeiten wichtig, um Investitionen wieder interessant zu machen – und, so Knill, ohne das Budget zu belasten. “Ich hoffe so etwas wird aufgenommen”, sagte er über “100, 120 Prozent AfA”. Mit der Absetzung für Abnutzung (AfA) wird die Aufteilung der Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts über die Nutzungsdauer verteilt, womit die steuerliche Bemessungsgrundlage reduziert wird. “Das wäre schön für die Unternehmen, die noch bereit sind, in Österreich zu investieren.”
“Leider” seien in der türkis- bzw. schwarz-grünen Regierung die ÖVP-Vorschläge zur Arbeitsmarktreform – Stichwort: degressives Arbeitslosengeldmodell, das unter 55 Prozent des Letztbezugs fallen soll, nachdem es zuvor etwas höher liegt als bisher, um Arbeitsanreize zu schaffen – von den Grünen bisher verhindert worden, so Knill. Teurer dürfe das System keinesfalls werden, wie es die Gewerkschaft fordere. Auch der Teilzeit-Anteil müsse sinken und mehr Vollzeit gearbeitet werden, bekräftigte Knill. Hierfür brauche es Anreize, wie auch fürs Leisten von mehr Überstunden.