Die neue Regierung beschäftigt über 270 Mitarbeiter, was die FPÖ zur Weißglut treibt. Dabei hatte Türkis-Blau einst genau so viele Mitarbeiter.
Jede Regierung will „Sparen im System“. Und jede Regierung benötigt Mitarbeiter in ihren Kabinetten. Ein Gradmesser dafür, wie gut das „Sparen im System“ funktioniert, ist bei Oppositionspolitikern offenbar immer die Anzahl der Mitarbeiter in den Kabinetten. Zum Vergleich: 10 Prozent mehr oder weniger machen hier einen Unterschied von weniger als fünf Millionen Euro. In budgetären Dimensionen ein Tropfen auf den heißen Stein.
Dennoch sorgt auch jetzt wieder die Anzahl der Kabinettsmitarbeiter für Kritik. „Diese Aufblähung ist durch nichts zu rechtfertigen – außer vielleicht durch das Bedürfnis, noch mehr Parteigänger, Günstlinge und Abnicker auf Kosten der Steuerzahler zu versorgen“, polterte etwa FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz, der von einer Doppelmoral sprach. Zuvor wurde bekannt, dass die Ampel-Regierung über 270 Mitarbeiter beschäftigt.
Türkis-Blau hatte gleich viele Mitarbeiter
Laut dem Medienbericht sei das der größte Mitarbeiter-Apparat des letzten Jahrzehnts. Der Vergleich ist allerdings mehr als schwierig. Denn in manchen Zählungen werden etwa Kanzleikräfte oder Assistenzen nicht mitgerechnet – in anderen schon wieder. Auch die Generalsekretariate machen einen Vergleich schwierig. Bei den genannten über 270 Mitarbeitern dürfte sehr großzügig gezählt worden sein. Auch oe24 kommt auf einen ähnlichen Wert, wenn sämtliche (!) Mitarbeiter mitgezählt werden.
Doch, wenn man sämtliche Mitarbeiter mitrechnet, dann wäre etwa Türkis-Blau auf einen noch höheren Wert gekommen. Die ÖVP-FPÖ-Regierung, die zwischen 2017 und 2019 regierte, hatte mehr als 280 Angestellte in den Ministerbüros. Als die Regierung nach dem Ibiza-Skandal zerbrach und Brigitte Bierlein übernahm, ging aus einer Anfrage sogar hervor, dass unter der Übergangskanzlerin die Anzahl der Mitarbeiter von knapp 400 (!) auf unter 200 halbiert wurde. Allerdings beinhaltet diese Zahl auch die Generalsekretäre und deren Büros und ist daher nicht direkt vergleichbar.
Kickl verdoppelte Mitarbeiterstab
Besonders pikant an der blauen Kritik: Vor allem der damalige FPÖ-Innenminister Herbert Kickl – er ist heute Parteichef der Freiheitlichen – sparte nicht beim Personal. So verdoppelte Kickl den Mitarbeiterstab von 18 auf 37 binnen seiner eineinhalbjährigen Amtszeit. Die Gehälter fielen auch üppig aus. So verdienten etwa die Mitarbeiter von Generalsekretär Peter Goldgruber im Durchschnitt 13.099 Euro. In Kickls Büro waren es rund 7.900 Euro pro Mitarbeiter und Monat.
In dem entsprechenden Medienbericht wird auch vorgerechnet, dass die Kabinette jährlich 32,5 Millionen Euro an Personalkosten verursachen würden. Aber schon unter Türkis-Blau waren es 31 Millionen Euro, wie die SPÖ damals berechnete. Inflationsbereinigt wären das heute sogar mehr als 32,5 Millionen Euro.
Neos & SPÖ kritisierten türkis-blaue Regierungsgröße
Aber: Ausgerechnet Neos und SPÖ waren es, die damals den großen Regierungsapparat kritisierten – und die sitzen jetzt in einer gleich „großen“ Regierung. Der heutige SPÖ-Klubchef meinte 2018 etwa, dass es mit dem „Sparen im System“, welches sich Türkis-Blau verordnet hätte, nicht weit her sei.
Auch Neos-Mandatar Nikolaus Scherak kritisierte damals: „Das oft wiederholte ‚Sparen im System‘ ist nicht mehr als ein Marketing-Gag der Regierung. Anstatt zu sparen, werden die aufgeblähten politischen Apparate in Wirklichkeit noch mehr aufgebläht.“
Eigene Mitarbeiterin für Gender-Angelegenheiten?
In dem Medienbericht heißt es auch, das Sozialministerium würde eine eigene „hochbezahlte“ Mitarbeiterin für Genderangelegenheiten einstellen. Das stimmt auch nur teilweise. Ein Blick auf die Mitarbeiterliste der Ministerin zeigt: Neben Genderangelegenheiten ist die entsprechende Angestellte auch für Budget- und Diversitätsthemen verantwortlich.