ÖVP-Legende Franz Fischler, Österreichs 1. EU-Kommissar, warnt im oe24.TV-Interview mit Politik-Chefredakteurin Isabelle Daniel eindringlich davor, was FPÖ-Chef Herbert Kickl als Kanzler für die “Reputation Österreichs” bedeute. Fischler weiter: “Und das halte ich offen gesagt für ziemlich riskant.”
oe24.tv: Was haben Sie sich gedacht bei der 180- Grad-Wendung Stockers, der jetzt doch mit der FPÖ unter Kickl koalieren will?
Franz Fischler: Bei mir haben schon die Alarmglocken geläutet, als es hieß, dass die Neos aus den Verhandlungen aussteigen. Die drei konnten keine Regierung ohne Kickl bilden. Jetzt kehren wohl tausende Österreicher der Politik völlig den Rücken und gehen auch nicht mehr zur Wahl.
oe24.tv: Jetzt ist die ÖVP ohne Karl Nehammer bereit für eine Kickl-Koalition. Wie sehr schadet das der Glaubwürdigkeit, nachdem etliche ÖVP-Politiker, Landeschefs etc. monatelang erklärt hatten, sicher nicht mit Kickl?
Fischler: Kein Zweifel, das ist ein großer Schaden. Nicht nur für eine Partei, sondern für die Republik und den Ruf Österreichs.
oe24.tv: Was würde ein Kanzler Kickl für Österreich bedeuten?
Fischler: Van der Bellen wird Kickl sicher eine Art Erklärung unterschreiben lassen, dass er demokratische Grundsätze einhält, nicht aus der EU austritt etc. Aber wie glaubwürdig ist das? Brisant ist: Zentrale EU-Abstimmungen können nur einstimmig gefällt werden. Das heißt: Wenn es drauf ankommt, wird Europa von Herrn Kickl abhängig. Von seiner persönlichen Bereitschaft, einer Entscheidung im Rat zuzustimmen oder nicht. Und Kickl hat mehrmals geäußert, er will eine Wirtschaftsunion und sonst nichts.
oe24.tv: Wie steht es dann um die Ukraine?
Fischler: Kickl ist dagegen, Geld zu geben und die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine zu stärken. So wie Viktor Orbán. Der ist ein Außenseiter in der Union geworden. Wenn sich Kickl dazugesellt, dann haben wir zwei Außenseiter. In der Vergangenheit sahen wir das mit dem früheren Präsidenten von Polen.
oe24.tv: Kann die ÖVP einem Aus von Sky Shield zustimmen?
Fischler: Nein, das kann sie nicht. Wenn man in einer Koalition mit der FPÖ einen Sinn sehen will, dann kann es nur um die Schadensbegrenzung gehen.
oe24.tv: Geht es um Schadensbegrenzung für die eigenen Posten, um noch Ministerien zu haben? Sonst ist die 180-Grad-Drehung kaum einsehbar
Fischler: Da müssen Sie den neuen ÖVP-Chef Stocker fragen.
oe24.tv: Wenn Schwarz-Blau kommt, dann wollen Sie aus der ÖVP austreten?
Fischler: Das ist richtig. Dann trete ich auch formal aus der ÖVP aus.
oe24.tv: Hat die ÖVP alle Trümpfe schon aus der Hand gegeben für die Verhandlungen mit der FPÖ?
Fischler: Ich sage so: Die talentiertesten Verhandler haben wir in ÖVP-Kreisen nicht gesehen.