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Startseite » „Kultureuro“: SPÖ will Touristen zur Kasse bitten
Politik

„Kultureuro“: SPÖ will Touristen zur Kasse bitten

MitarbeiterBy MitarbeiterApril 15, 2025
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„Kultureuro“: SPÖ will Touristen zur Kasse bitten

Im Herbst schien ein Sprung der Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler in die Regierung nicht unwahrscheinlich. Als Teil des SP-Verhandlungsteams zu Kunst und Kultur konnte sie ihr wichtige Themen auch bundespolitisch verankern. 

 Doch die Dinge kamen anders. Im Wiener Wahlkampf weist sie nun auf ihre seit 2018 errungenen Erfolge hin und strebt eine Fortsetzung ihrer Amtszeit an. Kulturminister wurde jemand kulturpolitisch gänzlich Unerfahrener: Parteichef Andreas Babler.

„Ich unterstütze Andreas Babler, wo ich kann“, betont die „überzeugte Lokalpolitikerin“ Kaup-Hasler, die als erfahrene Dramaturgin und Festivalleiterin in die Politik wechselte und trotz weiterhin fehlender Parteimitgliedschaft „mit großer Freude auf dem Ticket der SPÖ in dieser Stadtregierung“ ist. Sie habe noch im Wahlkampf, aber auch seit der Regierungsbildung intensive Gespräche mit Babler geführt. „Natürlich ist es absolut von Vorteil, wenn man Sachkenntnis mitbringt – aber in der Politik erhält man immer wieder Ressorts und Themen, in denen man noch keine Erfahrung hat. Wichtig ist: Wie offen ist die Person? Wie gut kann sie zuhören? Wie schnell kann sie begreifen? So habe ich Andreas Babler kennengelernt.“

Zu Babler: „Meine Türe ist jederzeit offen für ihn.“

Ihr wichtigster Ratschlag an den neuen Kulturminister habe daher gelautet, Präsenz in der Szene zu zeigen. „Ich bin mit ihm in sehr gutem Austausch. Meine Türe ist jederzeit offen für ihn.“ Dass nun sowohl im Bund als auch in der Stadt die SPÖ für die Kulturpolitik verantwortlich ist, dürfte für jene Institutionen, bei denen man gemeinsam Fördergeber ist, sicher kein Nachteil sein – wiewohl Kaup-Hasler im APA-Interview betont, dass sie sich auch mit der von den Grünen gestellten Staatssekretärin Andrea Mayer in vielen Themen – von Gendergerechtigkeit, Diversität und Fair Pay bis zu Niederschwelligkeit und Nachhaltigkeit – einig gewesen sei.

Für den 27. April plakatiert nun die SPÖ „Es geht um Wien“. Diese inhaltsleere Aussage füllt Kaup-Hasler in persönlichen Werbe-Handouts mit vier Punkten: „Zentrum für Kinderkultur und Kinderliteraturhaus; Junge Theater Wien: Bühne für neue Stimmen und Perspektiven; Wien als Hauptstadt des Digitalen Humanismus; Mehr Räume für Kunst, Begegnung und kulturellen Austausch“. Stolz verweist eine neue Broschüre auf acht „Kulturankerzentren“, die als „dezentrale kulturelle Nahversorger“ in den Bezirken und Grätzln fungieren sollen, vom Atelierhof Schlingermarkt in Floridsdorf bis zu „Bears in the Park“ in Simmering. Auch die kulturelle Zwischennutzung der Semmelweis-Klinik habe bis Ende 2026 verlängert werden können.

Weist Kritik aus der Szene zurück

Ist das genug, um beim Kulturangebot mit dem raschen Bevölkerungswachstum der Stadt Schritt zu halten? „Nein, das ist nicht genug, aber es sind viele Dinge im Werden. Wir tun eins nach dem anderen. Im Wiener Stadtentwicklungsplan 2035 ist Kultur wieder und sehr konkret Thema. Und mit der Kulturstrategie 2030 haben wir Handlungsfelder definiert, auf denen wir nun weiterarbeiten.“ Jüngst kritisierten Interessengemeinschaften für Kunst und Kultur unisono, dass es keinen Zeit- und Finanzplan zur Umsetzung der Kulturstrategie gebe und man zu wenig eingebunden sei. Kaup-Hasler weist das zurück. „Die Politik ist im Dialog mit den unterschiedlichen Szenen und Künstler*innen und den Interessensvertretungen! Das ist eine sehr große Landschaft, mit der wir hier täglich kommunizieren.“ Als Beispiele erinnert sie an einen Round Table mit der Performance- und Tanzszene und an einen Kulturvermittlungsworkshop.

Das Nordwestbahnhof-Areal, das als Stadtbrache mit der Klimabiennale und dem Koproduktionshaus brut intensiv kulturell genutzt wurde, könnte nach der Errichtung von Wohnvierteln wieder kulturelle Wüste werden, befürchten Anrainer, und auch das brut kann nicht zum geplanten Zeitpunkt nach St. Marx übersiedeln, sondern braucht ab Herbst 2026 eine weitere Zwischenlösung. „Verschiedene Faktoren haben da eine Rolle gespielt: Denkmalschutz, Pandemie, neue Anforderungen für multifunktionale Nutzungen und erhöhte ökologische Standards. Das Investment der Stadt hier für die freie Szene ist gewaltig, und im Herbst 2027 sollten wir es geschafft haben. Dann werden wir dort ein Juwel eröffnen.“ Möglicherweise wird man sich aber gleich nach der Eröffnung mit einer Großbaustelle in unmittelbarer Umgebung arrangieren müssen, schließlich soll dort vom deutschen Konzern CTS Eventim bis 2030 eine Eventhalle errichtet werden, für das die Stadt Wien rund 215 Mio. Euro locker macht.

Mehr Musicals keine „kulturpolitische Notwendigkeit“

Das Großprojekt ressortiert nicht im Kulturressort, und auch bei der als „Bank Austria Park“ angekündigten Neugestaltung einer Grünfläche an der Alten Donau, bei der die UniCredit Bank Austria, die sich gerade aus der Finanzierung des Kunstforum zurückzieht, die Gage von Gestalter André Heller übernimmt, oder bei dem im Prater von der ATG Entertainment geplanten Musicaltheater, mit dem die zur Wien Holding gehörenden VBW und die Stadt Wien eine „Partnerschaft“ angekündigt haben, ist Kaup-Hasler nur auf der Zuschauerbank.

Offene Kritik daran ist von ihr nicht zu bekommen. „Mehr Kommunikation wäre wünschenswert“, gibt sie immerhin zu und lässt sich auch noch entlocken, dass sie die Ausweitung des Musicalangebots „nicht als kulturpolitische Notwendigkeit erachten“ würde. Doch es gibt eben noch andere Aspekte: „Es ist ein Projekt der Kreativwirtschaft, die das große Potenzial des Standort Wiens erkennt: Wien gilt international als Hotspot – auch für wirtschaftliche Unternehmen und das ist auch für die Kultur und ihr Wachsen von entscheidender Bedeutung.“

„Einführung eines Kultureuro absolut überlegenswert“

„Wir haben einen Tourismus-Boom der Sonderklasse“, konstatiert Kaup-Hasler, Kultur sei der Hauptreisegrund, der Menschen aus aller Welt nach Wien ziehe. Daher könne sie den Überlegungen, die Kultur von den gestiegenen Nächtigungszahlen in Form einer gewidmeten Abgabe auch direkt profitieren zu lassen, viel abgewinnen: „Ich finde, die Einführung eines Kultureuro ist absolut überlegenswert.“

Die auch für Wissenschaft zuständige Stadträtin verweist im Gespräch warnend auf Entwicklungen anderswo, auf kulturpolitische Kahlschläge in der Slowakei oder in Ungarn, auf die aktuellen Debatten in der Steiermark und den Rückbau einer offenen und diversen Gesellschaft in den USA, die auch zu einem beginnenden Exodus in der Wissenschaft geführt habe. Wäre das nicht eine Gelegenheit, in Wien, wo man nach dem Krieg verabsäumt hat, Emigranten aktiv zurückzuholen, eine neue Willkommenskultur zu etablieren? „Dafür wäre jetzt tatsächlich der richtige Moment. Ich hoffe da sehr auf ein gemeinsames Vorgehen aller Ebenen – von der EU abwärts.“

Otto-Wagner-Areal soll Anziehungskraft entwickeln

Das Otto-Wagner-Areal, in das 2030/31 die Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (MUK) übersiedeln soll, wo derzeit der zukünftige Standort des Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands saniert wird und ein Atelierhaus für die Bildende Kunst entsteht, „könnte zu einem Nukleus werden und Anziehungskraft für andere entwickeln“.

Auch aus Berlin, wo der radikale Sparkurs die Kulturszene massiv trifft, sei vermehrter Zuzug von Künstlerinnen und Künstlern zu bemerken, sagt Kaup-Hasler. „Viele wollen nun nach Wien kommen. Das erhöht in der Szene den Druck.“ Doch in Wien, wo in den vergangenen Jahren das Kulturbudget massiv ausgeweitet wurde, wird künftig wohl ebenfalls gespart werden müssen. Mehr Ideen um weniger Geld, scheint die künftige Devise. „Ich trete auch künftig für meine Bereiche ein. Es gilt immer, sorgsam mit den Steuergeldern zu haushalten. Ich habe Ideen ohne Ende! Wir müssen findig sein und Synergien schaffen.“

„Es braucht kein Kulturförderungsgesetz“

Wien hat als einziges Bundesland kein eigenes Kunst- und Kulturförderungsgesetz. Das wurde zuletzt kritisiert, wird aber so bleiben. Sie habe das eingehend mit ihren Expertinnen und Experten beraten und sei zum Schluss gekommen: „Es braucht kein Kulturförderungsgesetz“, ist sich die Politikerin sicher. „Das, was in den Bundesländern in den Kulturförderungsgesetzen formuliert ist, diese Strukturen werden in Wien längst gelebt. Für Lippenbekenntnisse dieser Art muss kein Steuergeld ausgegeben werden. Wir haben eine exzellente Zusammenarbeit zwischen Politik und Kulturverwaltung in Wien. Ich wüsste nicht, welchen Mehrwert das bringen soll. Das bringt nichts außer hohle Phrasen.“

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