Wiens NEOS-Chef Christoph Wiederkehr setzt ganz auf eine Neuauflage der Koalition mit der SPÖ nach der Gemeinderatswahl am 27. April.
Seine Aufgabe als Spitzenkandidat will der Anfang März angelobte Neo-Bildungsminister “selbstverständlich voll wahrnehmen” und als Parteichef der Wiener NEOS für Wien Politik machen, eine Funktion in Wien strebe er aber nicht mehr an. Als Minister fühle er sich “verantwortlich für alle Schulen in Österreich”, sagte er im Interview mit der APA.
Als Wahlziel gab Wiederkehr “ein Plus an Stimmen” aus und zeigte sich zuversichtlich, dass sich eine Mehrheit für SPÖ und NEOS ausgehen wird. Die SPÖ müsse sich entscheiden, ob sie mit den NEOS eine gut funktionierende, “zukunftsträchtige” und “fortschrittliche” Koalition fortsetze oder mit einer anderen Partei koalieren will, mit der es in der Vergangenheit “Stillstand oder Showpolitik” gegeben habe. Inhaltliche Schwerpunkte in einer Neuauflage der Regierung wären weiterhin eine Stärkung der Elementarbildung und der Schulen, eine Entlastung der Wirtschaft und weitere Maßnahmen wie den Ausbau von Solarenergie und Geothermie, um Wien bis 2040 CO2-neutral zu machen.
Minister als Wiener Spitzenkandidat
Wiederkehr war am 22. Februar bei einer Mitgliederversammlung der Wiener Pinken erneut zum Spitzenkandidaten für die Wien-Wahl gekürt worden – just an dem Tag, als ÖVP, SPÖ und NEOS im Bund sich geeinigt hatten, im zweiten Anlauf doch noch eine Dreierkoalition bilden zu wollen. Seit einer Woche ist er nun der neue Bildungsminister.
“Im Leben kommt es oft anders als man denkt vom Zeitplan”, verteidigt Wiederkehr diese Konstellation. Den Vorwurf der Wählertäuschung weist er zurück. “Ich sage sehr ehrlich und offen, dass ich keine Funktion in Wien anstreben werde, aber mich auch als Minister selbstverständlich für die Wiener Schulen einsetzen werde.” Ohnehin seien die NEOS immer mehr gewesen als eine Person. Den Wahlkampf werde er im Team mit der nunmehrigen Bildungsstadträtin Bettina Emmerling und Klubvorsitzender Selma Arapovic bestreiten.
Für Wien könne die aktuelle Kombination aus einem pinken Bildungsminister und pinker Bildungsstadträtin in Wien jedenfalls nur positiv sein. Als Bildungsstadtrat hatte sich Wiederkehr in den vergangenen Monaten wiederholt ein öffentliches Hickhack mit seinem Amtsvorgänger Martin Polaschek (ÖVP) geliefert, weil die Bundeshauptstadt aus seiner Sicht zu wenig Mittel für Kinder mit Deutschförderbedarf bekommen hat. “Jetzt ist die Chance da, dass Bund und Wien endlich Hand in Hand gemeinsam die riesigen Herausforderungen, die es im Bildungsbereich gibt, angehen.”
Einheitliche Sozialhilfe als Entlastung
Verbesserungen für Wien erwartet sich Wiederkehr auch durch den Plan der ÖVP-SPÖ-NEOS-Koalition im Bund, die Sozialhilfe bundesweit zu vereinheitlichen. Mit ihrer Forderung nach einer Residenzpflicht für Asylberechtigte konnten sich die NEOS hingegen nicht durchsetzen. Dabei würden anerkannte Flüchtlinge nur dann Sozialhilfe bekommen, wenn sie eine gewisse Zeit in dem Bundesland verbringen, in dem auch ihr Asylverfahren abgewickelt wurde. Das sollte sie vor einer Übersiedlung nach Wien abhalten, wo zuletzt vor allem die Schulen durch intensiven Familiennachzug unter Druck geraten waren. Die Residenzpflicht brauche es aber ohnehin vor allem dann, wenn die Sozialleistungen zu unterschiedlich sind. “Aber wenn es hier zu einer Vereinheitlichung kommt, was Ziel dieser Regierung ist, dann ist das mal eine große Entlastung und ein großer Schritt Richtung bessere Verteilung, aber auch bessere Integration von Menschen, die zu uns kommen.”
Kritik der Opposition an seine vierjährigen Amtszeit als Bildungs- und Integrationsstadtrat hat Wiederkehr im Interview zurückgewiesen. ÖVP, FPÖ und Grüne haben ihm vorgeworfen, dass er zu wenig gegen den Personalmangel in den Kindergärten und für die Deutschförderung von Kindern und Jugendlichen getan habe. Er sei “Bildungsstadtrat in einer Krisenzeit gewesen”, verwies Wiederkehr auf die Coronapandemie und die vielen zusätzlichen Schülerinnen und Schüler durch den Ukraine-Krieg und die Familienzusammenführung. Trotzdem sei es gelungen, allen Kindern einen guten Schulplatz zu organisieren und zusätzlich eine Deutschoffensive zu starten, Maßnahmen gegen Gewalt zu setzen und Schulentwicklungsprojekte wie das Wiener Bildungsversprechen und die Wiener Bildungschancen zu starten.
Wiedekehr will nicht poltern
Auch dass die NEOS als Koalitionspartner pinke Werte wie mehr Kontrolle und Transparenz verraten hätten, wollte er nicht gelten lassen. “Mein politischer Stil ist, etwas zu bewegen und nicht zu poltern.” Nach der Aufregung um die umstrittenen Notkredite für die Wien Energie habe es eine umfassende Prüfung gegeben und die NEOS hätten etwa dafür gesorgt, dass nun auch der ausgelagerte Bereich parlamentarisch kontrolliert werden kann, es gebe ein neues Risikomanagement bei der Wien Energie.
Nicht festlegen wollte Wiederkehr sich, ob die NEOS als Teil der Bundesregierung den Bau des Lobautunnels mittragen würden, den die Wiener Pinken bisher aus Kostengründen abgelehnt hatten. “Wir haben ein massives, das Budgetdefizit. Das braucht massive Einsparungen, und das wird man in einem Gesamtpaket betrachten müssen und dann in der Regierung entscheiden müssen.”