Nach der für Sonntag geplanten Entlassung von Papst Franziskus nach 37 Tagen aus dem Spital wird darüber gerätselt, wie es mit dem 88-Jährigen weitergehen soll und wie er in seinem angeschlagenen Gesundheitszustand die Weltkirche in einem Jubiläumsjahr und herausfordernden geopolitischen Zeiten führen kann. Insidern zufolge ist ein Rücktritt aus Gesundheitsgründen auszuschließen, Kurienmitglieder geben sich zuversichtlich, dass Franziskus sein Amt weiter ausüben kann.
“Nach seiner Krankheit wird Franziskus eine andere Art finden, die Kirche zu regieren. Er wird vielleicht weniger in der Öffentlichkeit auftreten und weniger aktiv sein, aber er wird die wichtigsten Dinge, die ihm am Herzen liegen, weitermachen wollen”, betonte Kardinal Anders Arborelius, Erzbischof von Stockholm und Mitglied mehrerer wichtiger Dikasterien (Verwaltungseinheiten) der römischen Kurie gegenüber der Tageszeitung “La Repubblica” am Sonntag.
Kurienkardinal Arborelius: “Worte des Papstes werden mehr Gewicht haben”
“Jeder versteht, dass Franziskus nach einer solchen Krankheit nicht mehr reisen kann, er wird nicht mehr an so vielen Treffen teilnehmen können. Vielmehr wird er ein Papst im Gebet sein, er wird ein zurückgezogenes, ruhigeres Leben führen. Er wird weniger kommunikativ sein, aber er wird sich auf die wichtigsten Dinge konzentrieren: Seine Worte werden mehr Gewicht haben. Und wenn er nicht die Möglichkeit hat, über viele Dinge zu sprechen und viele Menschen zu treffen, werden Gesten mehr Gewicht haben”, sagte der Kardinal.
Ähnlich sieht die Lage Kardinal Leonardo Sandri, Vizedekan des Kardinalskollegiums. “Vielleicht wird Franziskus einige Zeit lang keine Menschen mehr empfangen können, oder er wird zumindest seine Audienzen reduzieren müssen. Aber er wird weiterhin die Kirche leiten”, erklärte Sandri gegenüber der Mailänder Tageszeitung “Corriere della Sera”.
“Die Rückkehr von Franziskus in den Vatikan ist eine der großen und schönen Überraschungen, die wir manchmal Gott sei Dank erleben dürfen. Es ist eine große Freude. Ich hoffe, er kommt mit dem Lächeln zurück, das er immer hatte und das wir in diesen Tagen, als er im Krankenhaus lag, vermisst haben.” Natürlich sei es jetzt schwierig, an Papst-Reisen um die Welt zu denken. “Jahrhunderte lang haben sich die Päpste nicht aus dem Vatikan bewegt. 1962 war die Reise von Johannes XXIII. nach Assisi und Loreto ein Ereignis. Die internationalen Reisen begannen mit Paul VI. Man wird sehen, wie es weitergeht, aber die Reisen sind nicht wesentlich”, so Sandri.
Italiens Episkopatschef ruft Gläubige zu weiteren Gebeten für den Papst auf
Kardinal Matteo Zuppi, Vorsitzender von Italiens Bischofskonferenz, rief die Gläubigen auf, weiterhin für den Pontifex zu beten. “Die Nachricht von der Spitalsentlassung des Papstes erfüllt uns mit Freude. Wir haben ihn in diesen Wochen mit unseren Gebeten begleitet und werden ihn weiterhin unterstützen, wie wir es in den zwölf Jahren seines Pontifikats getan haben. Während dieses langen Krankenhausaufenthalts hat er uns den Segen gezeigt, der in der Zerbrechlichkeit verborgen ist, denn gerade in diesen Momenten lernen wir noch mehr, auf den Herrn zu vertrauen”, so Zuppi.
Der Vorsitzende der vatikanischen Glaubensbehörde, der argentinische Kardinal Victor Manuel Fernandez, betonte, der Papst müsse nach der doppelseitigen Lungenentzündung samt der längeren Verabreichung von Sauerstoff “beinahe neu sprechen lernen”. “Ich hatte die Gelegenheit, mit dem Papst in Kontakt zu sein, und bin glücklich, sagen zu können, dass es ihm körperlich gut geht. Er hat Mühe zu sprechen, aber sein körperlicher Zustand ist wie zuvor”, sagte der Kardinal im Gespräch mit dem “Corriere della Sera”. Er schloss aus, dass der Papst aus Gesundheitsgründen zurücktritt.
Papst nicht ganz von komplexer Infektion geheilt
Nach mehr als fünf Wochen stationärer Behandlung im “Gemelli”-Krankenhaus darf Papst Franziskus in den Vatikan zurückkehren, hatten die behandelnden Ärzte am Samstag auf einer Pressekonferenz mitgeteilt. Franziskus leide zwar nicht mehr an der beidseitigen Lungenentzündung, dennoch sei er nicht vollständig von der komplexen Infektion mit mehreren Erregern geheilt, erklärte der Chefarzt der römischen Klinik “Agostino Gemelli”, Sergio Alfieri.
Die behandelnden Ärzte haben Franziskus nun zwei Monate Ruhe verordnet. Erst danach dürfe er wieder seinen gewohnten Arbeitsrhythmus aufnehmen. In seiner Residenz im Vatikan wird er demnach auch weiterhin bei Bedarf mit Sauerstoff zusätzlich beatmet werden. Auch die Atmungs- und Bewegungstherapie geht weiter.
Wenige Stunden vor der kurzfristig anberaumten Pressekonferenz der Ärzte in der Klinik teilte der Vatikan zudem mit, dass sich der Papst ebenfalls am Sonntag erstmals wieder öffentlich zeigen wolle. Dazu will Franziskus nach dem traditionellen Sonntagsgebet aus der Klinik den Segen spenden. Vatikan-Sprecher Matteo Bruni sagte, die Entlassung erfolge nach diesem Auftritt.