Eine gemeinsame Erklärung der 27 EU-Staaten, die die Präsidentenwahl in Belarus vom Sonntag als undemokratisch verurteilt, ist offenbar an Ungarn gescheitert. Das berichtete der US-Auslandssender “Radio Free Europe” am Montag. Da die Erklärung nicht zustande kam, habe EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas eine eigene Stellungnahme veröffentlicht. Bei der Wahl hatte sich der seit 1994 herrschende Staatschef Alexander Lukaschenko erneut bestätigen lassen.
Die Vertreter Ungarns hätten es abgelehnt, die vorbereitete Erklärung zu unterzeichnen, berichtete der Sender auf seiner Webseite laut Quellen in Brüssel. Wie RFE weiter berichtete, hatten Ungarn und die Slowakei bereits in der Vorwoche den Entwurf der Stellungnahme zu Belarus nicht unterstützen wollen. Bratislava habe allerdings später eingelenkt. In der gemeinsamen Erklärung von Kallas und Erweiterungskommissarin Marta Kos vom Sonntag heißt es, in Belarus habe es “Scheinwahlen” gegeben, die “weder frei, noch fair” gewesen seien. Sie forderten zudem eine Freilassung aller politischen Gefangenen.
Ungarns Regierung steht Russland nahe
Ungarns Regierung unter Viktor Orbán gilt trotz der EU-Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs als Moskau nahestehend. Sie kritisiert auch laufend die Sanktionen. Russlands Staatschef Wladimir Putin versucht seinerseits seit vielen Jahren, die Bande mit der früheren Sowjetrepublik Belarus (Weißrussland) enger zu knüpfen, bis hin zur Schaffung eines Staatenbundes. Orbán drohte zuletzt wieder mit einem Veto gegen die Verlängerung der Russland-Sanktionen.
Da Lukaschenko die Opposition in Belarus unterdrückt, stand der Sieg des 70-Jährigen von vornherein fest. Dieses Mal trat kein ernst zu nehmender Gegenkandidat mehr gegen ihn an. 2020 war Lukaschenko mit 80,1 Prozent der Stimmen zum Sieger erklärt worden. Damals protestierten Hunderttausende gegen politische Unterdrückung und Wahlbetrug. Die Sicherheitskräfte gingen brutal gegen die Opposition vor und inhaftierten Zehntausende. Menschenrechtsgruppen berichteten von Folter. Mindestens 100.000 Menschen flohen damals ins Ausland.