Der ehemalige Zentralbankchef Mark Carney wird am Freitag als neuer kanadischer Premierminister angelobt.
Dies teilte das Büro der Generalgouverneurin Mary Simon am Mittwochabend (Ortszeit) in Ottawa mit. Demnach wird die Amtseinführung um 11 Uhr Ortszeit (16 Uhr MEZ) stattfinden. Carney löst Premierminister Justin Trudeau ab, nachdem er sich am Sonntag in der Vorsitzwahl der regierenden Liberalen mit großer Mehrheit durchgesetzt hatte.
Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg könnte Carneys Kabinett mit 15 bis 20 Ministern und Ministerinnen nur noch etwa halb so groß sein wie das von Trudeau, das 37 Mitglieder umfasst. Carney übernimmt das Amt in turbulenten Zeiten, waren doch erst am Mittwoch US-Sonderabgaben auf Stahl und Aluminium in Kraft getreten. Kanada kündigte Gegenmaßnahmen an.
Rasche Neuwahlen erwartet
Beobachter erwarten, dass Carney nun rasch Neuwahlen ausrufen wird. Das Parlament Kanadas muss bis Oktober neu gewählt werden. Trudeau hatte seinen Rückzug nach neun Jahren im Amt angesichts schwacher Umfragewerte angekündigt. Die massiven Angriffe von US-Präsident Donald Trump auf das nördliche Nachbarland hatten die regierenden Liberalen aber in der Wählergunst wieder aufholen und mit den oppositionellen Konservativen gleichziehen lassen.
Carney hatte nach seiner Wahl zum Parteichef keinen Zweifel daran gelassen, dass er sich den Aggressionsplänen von US-Präsident Donald Trump genauso entschlossen entgegenstellen wird wie Trudeau. “Kanada wird niemals in irgendeiner Form Teil Amerikas werden”, sagte er am Sonntag. Seine Nation erlebe “dunkle Tage, ausgelöst durch ein Land, dem wir nicht länger trauen können”, aber man werde die Herausforderung bewältigen, sagte der 59-Jährige.
Wähler sehen in Carney besten Gegenspieler Trumps
Carney war mit einer wirtschaftsorientierten, zentristischen Agenda ins Rennen um den Parteivorsitz gegangen. Im Handelskrieg mit den Vereinigten Staaten will er den Trudeau-Kurs des entschlossenen Widerstands fortsetzen. Einer Umfrage des Senders “CTV News” zufolge glauben 40 Prozent der Kanadier, dass Carney der beste Politiker für Verhandlungen mit Trump wäre – deutlich mehr als die 26 Prozent Zuspruch für den Vorsitzenden der Konservativen und seinen größten innenpolitischen Gegenspieler, Pierre Poilievre.
Carney wird auch deshalb als kompetent gesehen, weil er reichlich Erfahrung im nationalen und internationalen Krisenmanagement hat: Während der Finanzkrise leitete der in der Provinz Alberta im Westen Kanadas groß gewordene Hundefreund ab 2008 die Zentralbank seines Heimatlandes. Die verhältnismäßig gute Erholung Kanadas in den Folgejahren wird auch Carney zugeschrieben. Während des Brexits war er Zentralbankchef in Großbritannien, bis zum Jänner dieses Jahres dann UNO-Sondergesandter für Klimafinanzierung.