Am 13./14. September kämpft unser Davis-Cup-Team ohne Dominic Thiem und ohne Sebastian Ofner gegen die Türkei um die Qualirunde 2025. Vielleicht die letzte Chance für lange Zeit, positive Tennis-Schlagzeilen zu machen. Lesen Sie, was Sportchef Jürgen Melzer zu den tristen Aussichten sagt.
Auf der Sandplatz-Anlage in Bad Waltersdorf, wo die Österreicher ab Freitag gegen die Außenseiter aus der Türkei aufschlagen (Top-Spieler ist Ergi Kirkin/ATP-Nr. 287), startet Melzer mit seinem jungen Team in die Vorbereitung. Für die Einzel hat der ÖTV-Kapitän Jurij Rodionov (ATP-Nr. 202), Filip Misolic (224) und Staatsmeister Lukas Neumayr (320) nominiert.
oe24: Herr Melzer, steht ihr junges Davis-Cup-Team für einen Neuanfang?
JÜRGEN MELZER: Durch die Verletzung von Sebastian Ofner musste es zwangsläufig einen Umbruch geben: Wir haben mit Luki Neumayer einen Neuen im Team. Joel (Schwärzler, 2024 Nr. 1 der Junioren-Weltrangliste, d. Red.) ist als vierter Spieler dabei und kann sich noch ins Team spielen. Natürlich bin ich mir dessen bewusst, dass es den Starspieler im Moment nicht gibt in unserem Team, das lässt sich auch nicht schönreden. Türkei kommt da jetzt zum richtigen Zeitpunkt, die ist ja auch nicht gerade mit Starspielern gespickt.
oe24: Ihre Erwartungen?
MELZER: Natürlich sind wir vom Ranking her Favorit. Ich weiß auch, dass wir das gewinnen sollten. Aber die haushohen Favoriten sind wir nicht. Ich hoffe, jedenfalls dass wir den Aufstieg schaffen und nächstes Jahr wieder um das Final-Turnier spielen dürfen. Für mich ist der Davis-Cup noch immer speziell, und ich möchte auch den Jungen vermitteln, dass es etwas Besonderes ist, für sein Land zu spielen.
oe24: War ein letzter Davis-Cup-Einsatz von Dominic Thiem nie ein Thema? Wären die Spiele gegen die Türken nicht Gelegenheit, mit einem Erfolgserlebnis im Davis-Cup zu verabschieden?
MELZER: Ich hatte schon sehr früh über Moritz (Thiems Manager-Bruder, d. Red.) Kontakt mit Dominic. Aber der Davis-Cup war nie ein Thema für ihn.
oe24: Und für Sebastian Ofner, der bei den US Open trotz Fersenverletzung gegen Gerundolo eineinhalb Sätze stark gespielt hat?
MELZER: Ich hatte natürlich auch mit ihm Kontakt. Aber ich hab auch gesehen, dass die Verletzung sein Spiel stark beeinflusst hat: Er ist viel mehr Risiko gegangen und hat die schnellen Punkte gesucht. Ich verstehe, dass er sich jetzt möglichst schnell operieren lassen wird und danach einen neuen Anlauf nimmt.
“Vielleicht haben wir das ganze nächste Jahr keinen Spieler in den Top 100”
oe24: Das bedeutet aber auch, dass Ofner fast 400 ATP-Punkte verliert und aus den Top 100 fällt. Wie lange müssen wir auf einen Top-100-Spieler warten?
MELZER: Das kann dauern. Wenn Ofi länger verletzt ist, kann es passieren, dass wir das ganze Jahr 2025 keinen Top-100-Spieler haben werden. Aber für 2026 bin ich schon wieder zuversichtlich, dass es einer unserer Jungen schafft.
oe24: Was dürfen wir von Noel Schwärzler (18, wird von Melzer trainiert, d. Red.) erwarten?
MELZER: Natürlich hoffen jetzt alle, dass er der nächste Dominic Thiem wird. Aber da müssen wir den Druck rausnehmen und den Ball flach halten. Der Bursche hat zwar schon ein Challenger gewonnen, aber das war relativ schwach besetzt. Er ist die Nr. 370 der Welt, und das ist er auch zurecht. Heißt: Er braucht noch Zeit, um dorthin zu kommen, wo ihn Österreich gern hätte, und die muss man ihm auch geben.
oe24: Und Lukas Neumayer?
MELZER: Bei ihm sieht man die Handschrift von Günter Bresnik (seinem Trainer, d. Red.). Er ist ein harter Arbeiter, aber auch er braucht noch Zeit.
Die Davis-Cup-Begegnung gegen die Türkei startet am 13. September mit zwei Einzel-Partien, am Samstag folgen Doppel und zwei weitere Einzel.