Deutschland, Frankreich und Großbritannien fordern in einer gemeinsamen Erklärung eine sofortige Rückkehr zu einem Waffenstillstand in Nahost. Israel griff unterdessen am Samstag erneut Ziele im südlichen Libanon an. Zuvor hatte das israelische Militär nach eigenen Angaben drei Raketen aus dem Libanon im Norden Israels abgefangen. Israels Verteidigungsminister droht der Hamas unterdessen mit der “Annexion” von Gebieten im Gazastreifen.
“Die Wiederaufnahme der israelischen Angriffe in Gaza ist ein dramatischer Rückschritt für die Menschen in Gaza, die Geiseln, ihre Familien und die gesamte Region. Wir sind entsetzt über die Opfer unter der Zivilbevölkerung und fordern dringend die sofortige Rückkehr zu einem Waffenstillstand”, hieß es am Samstag in einer gemeinsamen Erklärung aus Berlin, Paris und London. “Wir fordern alle Parteien auf, wieder Verhandlungen aufzunehmen, um sicherzustellen, dass der Waffenstillstand vollständig umgesetzt wird und dauerhaft ist.” Dazu gehöre auch, dass die radikal-islamisch Hamas die Geiseln freilasse. Ein dauerhafter Waffenstillstand sei der einzige glaubwürdige Weg zu einem nachhaltigen Frieden, einer Zweistaatenlösung und dem Wiederaufbau des Gazastreifens.
Israels Verteidigungsminister: “Mehr Gebiete einnehmen”
Der israelische Verteidigungsminister drohte drei Tage nach der Wiederaufnahme der massiven israelischen Angriffe auf den Gazastreifen: “Je länger sich die Hamas weigert, die Geiseln freizulassen, desto mehr Gebiet wird sie verlieren, das dann von Israel annektiert wird.” Katz erklärte am Freitag, er habe den Streitkräften befohlen, “mehr Gebiete im Gazastreifen einzunehmen” und drohte mit einer “permanenten Besetzung” von “Pufferzonen” innerhalb des Gazastreifens. Damit bezog sich der Verteidigungsminister auf Pläne einiger Sicherheitsbeamter, einen “Sicherheitsstreifen” insbesondere im Norden des Palästinensergebiets einzurichten, der einen Puffer zwischen dem Gazastreifen und den angrenzenden Ortschaften in Israel bilden würde.
Katz erklärte weiter, die Kämpfe würden in der Luft, am Boden und auf See intensiviert und die Bodenoffensive würde ausgeweitet werden, bis alle Geiseln frei seien und die Hamas besiegt sei. Dafür würden alle “militärischen und zivilen Druckmittel” eingesetzt.
Israels Armee hatte am Dienstag die massivsten Luftangriffe im Gazastreifen seit Inkrafttreten einer Waffenruhe im Jänner geflogen, am Mittwoch gab sie den Beginn eines neuen Bodeneinsatzes in dem Gebiet bekannt. Die Wiederaufnahme der Angriffe sei eine Reaktion auf “die wiederholte Weigerung der Hamas” die Geiseln freizulassen, hatte die Regierung erklärt.
Laut Palästinenser mindestens 130 Tote binnen 48 Stunden
Bei der israelischen Offensive im Gazastreifen sind nach Angaben der Palästinenser binnen 48 Stunden mindestens 130 Menschen getötet worden. Wie die Gesundheitsbehörden im Gazastreifen Samstagmittag weiter mitteilten, wurden im selben Zeitraum zudem 263 Personen verletzt.
Wie die Nachrichtenagentur AFP am Freitag aus palästinensischen Verhandlungskreisen erfuhr, liegt der Hamas ein von Ägypten und Katar erarbeiteter Vorschlag zur Wiederherstellung der Waffenruhe und dem Austausch von Gefangenen vor. Dabei gehe es auch um humanitäre Hilfe für den Gazastreifen. Israel hatte Anfang März eine Blockade von Hilfslieferungen in das Palästinensergebiet verkündet.
Seit der Wiederaufnahme der massiven Angriffe durch Israel wurden nach Angaben der Zivilschutzbehörde im Hamas-geführten Gazastreifen mehr als 500 Menschen getötet. Zahlreiche Bewohnerinnen und Bewohner des Gebiets wurden erneut vertrieben.
Israels Militär: Drei Raketen aus dem Libanon abgefangen
Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben Samstag früh drei Raketen aus dem Libanon im Norden Israels abgefangen. Zuvor seien in der Stadt Metula die Warnsirenen zu hören gewesen. Es gab zunächst keine Berichte über Schäden oder Verletzte. Israel machte zunächst keine Angaben, wer für den Beschuss verantwortlich ist – die libanesische Hisbollah-Miliz äußerte sich zunächst nicht dazu.
Israel griff nach libanesischen Angaben erneut Ziele im südlichen Libanon an. Die Armee habe einen Ort nahe der Stadt Nabatiya mit Artillerie beschossen, hieß es aus libanesischen Sicherheitskreisen. Die Staatsagentur NNA berichtete von israelischen Kampfflugzeugen im Süden und Angriffen mit Artillerie, Panzern und Maschinengewehren in mehreren Orten.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu bestätigte die Angriffe. Damit werde auf Raketenbeschuss aus dem nördlichen Nachbarland reagiert, erklärte der Regierungschef in einer Stellungnahme am Samstag. Die Streitkräfte seien angewiesen worden, massiv gegen Dutzende von Terrorzielen vorzugehen.
Bei den Angriffen handle es sich um eine Reaktion auf Raketenangriffe aus dem Libanon auf die Stadt Metula im Norden Israels am Samstagmorgen, hieß es in der Stellungnahme der israelischen Armee. Das Militär sei “bereit für jeden Befehl”, hieß es weiter. Die libanesische Regierung sei verantwortlich für alles, was auf ihrem Territorium geschehe.
Libanons Ministerpräsident warnt vor “neuem Krieg”
Libanons Ministerpräsident Nauaf Salam warnte, dass Israel sein Land in einen “neuen Krieg” ziehen könne. Die Vereinten Nationen müssten international den Druck erhöhen, um einen Abzug Israels aus dem Libanon zu erreichen.
Die vom Iran unterstützte Hisbollah hatte Israel seit dem Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 mehr als ein Jahr lang mit Raketen beschossen. Sie wollte damit nach eigenen Angaben die Hamas unterstützen. Israel antwortete mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive.
Eigentlich gilt seit November eine Waffenruhe. Diese sieht einen vollständigen Abzug israelischer Truppen aus dem Süden des Libanon vor. Dieser ist inzwischen zwar weitgehend erfolgt, es gibt aber immer noch fünf israelische Militärposten in Grenznähe. Die libanesische Führung wertet den Verbleib der Truppen als Verstoß gegen die Vereinbarung und protestierte mehrfach dagegen.