Das EU-Parlament hat am Donnerstag in Straßburg im Eilverfahren für die von der EU-Kommission vorgeschlagene Verschiebung des Lieferkettengesetzes um ein Jahr und die Ausnahme von 80 Prozent der EU-Unternehmen aus der Nachhaltigkeitsberichterstattung gestimmt.
Die beiden Regelungen sollten Produktionsabläufe umwelt- und arbeitnehmerfreundlicher gestalten und waren teils umstritten. Ebenso umstritten war nun die rasch beschlossene Verschiebung.
Die ersten „Omnibus“-Vorschläge für einfachere Regulierungen der EU-Kommission wurden nun kurz nach ihrer Vorlage im Februar im „Dringlichkeitsverfahren“ beschlossen. Diese Vorgehensweise war von einigen EU-Parlamentariern kritisiert worden, etwa SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder. Das Eilverfahren sei in der Coronazeit oder bei Fragen der Gasversorgung im Ukraine-Krieg angewandt worden, wenn es „schnell etwas zu entscheiden“ gab. In dieser Frage sei es „nicht notwendig“, erklärte er im Vorfeld in Straßburg.
Zahllose EU-Gesetze sollen aufgeweicht werden
Um Europa wettbewerbsfähiger zu machen, will die Kommission mit ihren Omnibus-Paketen zahllose Gesetze und Vorschriften aufweichen und abbauen. Die EU-Länder haben der Verschiebung des Lieferkettengesetzes bereits zugestimmt. Ursprünglich sollte die Regelung ab 26. Juli 2027 für europäische Firmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und mehr als 1,5 Mrd. Euro weltweitem Jahresumsatz gelten. Nach der Zustimmung des Parlaments ist das Gesetz nun jedenfalls um ein Jahr ausgesetzt.
Zudem soll es einfachere Anforderungen bei der Nachhaltigkeit geben, und zivilrechtliche Haftungsbedingungen der EU bei gleichzeitiger Wahrung der Rechte der Opfer abgeschafft werden. Weitere Änderungen am Gesetz könnten nun verhandelt werden. So kündigte etwa ÖVP-EU-Abgeordnete Angelika Winzig an, sie habe bereits „massiv Abänderungsanträge“ in der Schublade. Sie betonte, Unternehmen in Österreich seien „froh“ über die Verschiebung. Dies sehen nicht alle so: Mehrere große Konzerne, die bereits mit der Umsetzung begonnen hatten, fanden sich nun auf der Seite der Gegner einer Aussetzung.
Das Lieferkettengesetz sollte nach dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission große Unternehmen zur Rechenschaft ziehen, wenn sie etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren. Als Strafen waren zum Beispiel die namentliche Anprangerung oder Geldstrafen in Höhe von bis zu fünf Prozent des weltweiten Nettoumsatzes des Unternehmens vorgesehen.