Was rechte Parteien bei der EU-Wahl eint und trennt, erklärte Stefan Lehner, Europa-Experte im US-Thinktank Carnegie Europe im ZIB-2-Interview. Sie eignen sich nur zum Teil als verlässliche Koalitionspartner.
Bei der EU-Wahl am 9. Juni treten rechte Parteien als Mitglieder von zwei verschiedenen Rechtsfraktionen an: Es gibt die EKR (Europäische Konservative und Reformer) und die Fraktion ID (Identität und Demokratie).Beide Fraktionen haben keine Spitzenkandidaten – sie müssten dazu nämlich grundsätzlich bereit sein, den Kommissionspräsidenten zu stellen und daran hätten nationalistische Parteien kein Interesse.
Nationalistische Interessen – einen und trennen
Stefan Lehner: “Das eint und trennt sie auch, nach nationalistischen Interessen. Die Rechten der Nordoststaaten und Polen etwa sind gegen Russland und seinen Krieg. Die Rechten in Österreich und Ungarn etwa, pflegen gute Beziehungen zu Russland. Sie sind also keine kohärenten Fraktionen.”
Einig wiederum seien die Fraktionen beim Thema, dass sie die Europäische Union zu einer Zoll-Union zurück bauen wollen. Lehner: “Sie wollen ja ein Europa der Nationen und die ursprüngliche Souveränität der Länder wieder aufbauen. Das ist aber widersprüchlich, denn dabei müsste der gesamte EU-Markt neu koordiniert werden.” Dies würde allerdings Rückschritte bedeuten und einen Verlust an Wohlstand bringen.
“Undisziplinierter Haufen”
Unterschiedliche Parteien wie die der Giorgia Meloni, die sich meist angepasst verhält, wie etwa beim Migrationsdeal stehen radikalen Parteien wie der AfD gegenüber. Lehner: “Die Fraktionen sind ein undisziplinierter Haufen.”
Wie sehr die Fraktionen bei der Wahl zulegen können, ließe sich demnach auch schwer sagen, weil es “eigentlich 27 unterschiedliche Wahlen sind. Das ist in europäischer Dimension schwer zu erfassen”, so Lehner. Und weiter meint er: “Viele Leute wählen sie, weil sie glauben, sie können so ihren Frust abladen, weil sie diese Parteien ohnehin nicht regieren könnten.”
Koalitionspartner
Als mögliche Koalitionspartner sieht Lehner am ehesten die EKR für die konservativen Parteien der Fraktion EVP (Europäische Volksparteien) – die ID wolle niemand in einer Koalition. Lehner: “Die EVP und Liberale werden die Mehrheit holen. Und Ursula von der Leyen wird Giorgia Meloni brauchen, damit sie Kommissionspräsidentin werden kann.”
Orban kein Koalitionspartner
Victor Orban zeichnet Lehner als Fraktionslosen, der allerdings ohnehin nicht als Koalitionspartner zu gebrauchen sei, “obwohl er die EU erobern will.”