Die Liste “Gerechtes Innsbruck” rund um den nunmehr nicht mehr im Innsbrucker Gemeinderat vertretenen Gerald Depaoli will die Gemeinderats- und Bürgermeisterdirektwahl vom 14. April vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) kippen.
Eine Anfechtung werde spätestens am Donnerstag nach Wien geschickt werden, sagte Depaoli der APA. Grund sei eine geortete fehlende Bestimmung in der Landesordnung. Das Land Tirol sah indes eine klare landesverfassungsgesetzliche Regelung.
Stein des Anstoßes war die Frage, ob eine Bürgermeisterdirektwahl in Tirol verfassungskonform geregelt ist. Depaoli zufolge verlange die Bundesverfassung für eine Direktwahl eine entsprechende Regelung in der Landesverfassung bzw. Landesordnung – diese fehle dort jedoch. Im Gegensatz dazu finde sich aber ein entsprechender Artikel etwa in den Landesverfassungen von Vorarlberg, Salzburg und Kärnten. In Tirol würde demnach für Bürgermeisterdirektwahlen nicht nur in Innsbruck, sondern in allen 277 Gemeinden “mutmaßlich jede verfassungsrechtliche Grundlage fehlen”. Sollte der VfGH die Bürgermeisterdirektwahl aufheben, müsse er auch die gleichzeitig durchgeführte Gemeinderatswahl aufheben, argumentierte Depaoli. Beide stünden “in unmittelbarem Zusammenhang”.
Tirol sieht klare gesetzliche Regelung
Das Land Tirol verwies in einer Stellungnahme der APA gegenüber auf die Innsbrucker Wahlordnung bzw. Tiroler Gemeindewahlordnung, in welchen die Direktwahl des Bürgermeisters “in Form einer Landesverfassungsbestimmung geregelt wird”. Die Direktwahl des Bürgermeisters sei deshalb “- im Einklang mit den Vorgaben der Bundesverfassung – landesverfassungsgesetzlich klar geregelt”. Der Innsbrucker Verfassungsexperte Peter Bußjäger teilte diese Ansicht gegenüber den “Bezirksblättern” (Online-Ausgabe). Die Landesverfassungsbestimmung stehe “verfassungsrechtlich auf gleicher Stufe wie die Landesordnung”, wurde der Jurist zitiert. Einer allfälligen Wahlanfechtung aus diesem Grund räumte er keine Chancen ein.
Depaoli wollte sich davon nicht beirren lassen. “Das ist deren Rechtsmeinung”, so Depaoli zur APA. Er hingegen gehe davon aus, dass die nötige Bestimmung in der Landesordnung “vergessen” worden sei – “aus welchen Gründen auch immer”. Die Wahlanfechtung werde “hundertprozentig” eingebracht werden. Wer im Recht sei, solle durch den Verfassungsgerichtshof geklärt werden. “Wir lassen uns nicht einschüchtern”, betonte der Frontmann von “Gerechtes Innsbruck”. Eine Aufhebung sämtlicher Tiroler Bürgermeisterdirektwahlen der jüngeren Vergangenheit erwartete sich der Gemeinderat indes nicht – hier sei durch Ablauf von Fristen bereits Rechtskraft erwachsen.
Depaoli hatte bereits zu Wochenbeginn einen Überprüfungsantrag über die Ermittlung des Wahlergebnisses eingebracht. Damit wolle man sichergehen, dass es bei der Datenübermittlung aus den Sprengeln nicht zu Fehlern gekommen sei, hieß es. Depaoli verwies unter anderem auf eine offenbar fehlerhafte grafische Darstellung des Wahlergebnisses am Wahlabend im ORF.
Die Liste “Gerechtes Innsbruck” vom bisherigen Gemeinderat Depaoli hatte bei der Gemeinderatswahl am 14. April mit 3,48 Prozent die neu eingezogene Vier-Prozent-Hürde und damit den Wiedereinzug in den Gemeinderat verpasst. Bei der Bürgermeisterdirektwahl waren 2,05 Prozent der Stimmen auf Depaoli entfallen. Bei der Bürgermeisterstichwahl am 28. April stehen sich Amtsinhaber Georg Willi (Grüne) und Ex-ÖVP-Vizebürgermeister Johannes Anzengruber (JA – Jetzt Innsbruck) gegenüber.