Fünf Tage vor dem F1-Auftakt in Melbourne gab Mercedes-Boss Toto Wolff im ORF-Interview für “Sport am Sonntag” seine Einschätzung zur vielleicht spannendsten Saison seit langem.
Wolff über …
… seinen langjährigen Silberpfeil-Piloten Lewis Hamilton im roten Ferrari-Outfit: “Am Anfang war das schon ein komischer Gedanke, wie er aussehen wird nach so vielen Tagen im Mercedes. Aber dann kam er angeritten in seinem roten Outfit und im roten Auto. In dieser schnelllebigen Zeit gewöhnst du dich schnell daran. Inzwischen ist das ein normales Bild für mich.”
… das erste Hamilton-Foto vor dem Ferrari-Headquarter: “Es hatte was Ikonisches, als er dastand mit seinem Godfather-Outfit im Anzug. Da hab ich ihm gesagt: ,12 Jahre versuch ich dich, in einen Anzug zu kriegen, und dann machst du das gleich am 1. Tag bei Ferrari.’ Da haben wir beide sehr gelacht.”
… die plötzliche Rivalität mit Hamilton: “So schlimm ist es nicht. Wir sind sehr gut befreundet. Auf der persönlichen Seite wünsch ich ihm nur das Beste, auf der Rennstrecke wollen wir ihn gerne schlagen.”
… die durchwachsene Vorjahrs-Saison für Mercedes: “Das erste halbe Jahr hat uns die meisten Punkte gekostet, weil wir mit dem Auto nicht grün geworden sind. In der 2. Jahreshälfte haben wir dann eh vier Rennen gewonnen und waren vorne dabei. Unser Anspruch ist es nach wie vor, um Weltmeisterschaften zu fahren. Aber zwischen den vier Teams die heuer gewinnen können, ist es unglaublich eng. Du kannst Erster sein oder Achter. Die Schwierigkeit wird sein, das aktuelle Auto weiterzuentwickeln und andererseits auf nächste Jahr mit dem Riesenumbruch zu schauen. Da muss man sehr flexibel sein.”
… die Gratwanderung zwischen voller Konzentration auf die aktuelle Saison und der Arbeit am 2026er-Auto, das parallel unter einem völlig neuen Reglement entwickelt wird: “Da braucht es viel Fingerspitzengefühl. Wir sind Mercedes. Unser Anspruch ist es immer, um Siege und um Titel zu fahren. Wir können es uns es von unserem Ruf her nicht leisten, schon im Frühjahr abzudrehen.”
“In Rennsimulationen sind die beiden McLaren deutlich vorne”
… die Favoritenrolle für diese Saison: “Das Kräfteverhältnis nach den Tests in Bahrain ist das, dass vier Teams auf eine schnelle Runde ziemlich gleichauf sind, vielleicht mit einem kleinen Vorteil für Norris (Vize-Weltmeister im McLaren, d. Red.). In den Rennsimulationen sind die beiden McLaren deutlich vorne, mit Verstappen, uns und Ferrari knapp dahinter.”
… Mercedes-Rookie Kimi Antonelli: “Wir sind mit Andrea unterwegs, seit er 11 ist. Seit damals hat er alles gewonnen, jede einzelne Kategorie, außerdem sind wir mit ihm in einem alten Formel-1-Auto 11.000 Kilometer gefahren. Trotzdem: Wenn du als 18-Jähriger in den F1-Zirkus geworfen wirst, musst du schon aufpassen, dass du nicht den Boden unter den Füßen verlierst. Deswegen versuchen wir, am Anfang die Erwartungshaltung zu dämpfen.”
… das Gerücht, dass Totos Ehefrau Susie Wolff als FIA-Präsidentin kandidieren will: “Nicht, dass ich wüsste. Susie ist Unternehmerin. Irgendjemand hat dieses Gerücht in die Welt gesetzt, um einen Wirbel zu erzeugen.”
… Differenzen mit FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem: “Wir haben unsere Druckpunkte, wo wir unterschiedlicher Meinung sind. Bei anderen Dingen, zum Beispiel beim Fluchen sind wir größtenteils einer Meinung. Wir sind ein Gentlemensport und haben eine Vorbildwirkung. Die Kinder sollen unsere Fahrer nicht ständig fluchen hören.”