Österreich wird sich geplante EU-Instrumente zur Finanzierung von gesteigerten Rüstungsausgaben ansehen und “dort, wo es für uns passt, auch in Anspruch nehmen”. Das sagte Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) vor dem EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel.
Besonders die vorgesehenen Ausnahmeklauseln bei den EU-Schuldenregeln seien für Österreich wesentlich. Jedenfalls werde man “im Rahmen der Neutralität” einen Beitrag zur Verteidigungsfähigkeit Europas leisten, so Stocker.
Der Kanzler bekräftigte zugleich erneut das Ziel Österreichs, bis 2032 die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) zu erhöhen. Mit Blick auf die Ukraine-Gespräche zwischen den USA und Russland, solle Europa sich nicht kleiner machen, als es ist, so Stocker weiter. Die Europäische Union könne einen “guten und wesentlichen” Beitrag zu diesen Gesprächen liefern.
Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten bereits bei einem Sondergipfel Anfang März Vorschläge der Kommission begrüßt, um die 800 Milliarden Euro für Aufrüstungsprojekte zu mobilisieren. Mit ihrem “ReArm Europe Plan” will die Kommission den EU-Staaten erlauben, für ihre Verteidigung neue Schulden zu machen, ohne dabei ein EU-Defizitverfahren zu riskieren. Zudem ist ein neuer EU-Fonds mit 150 Milliarden Euro an Krediten für Verteidigungsinvestitionen geplant. Damit könnten die Mitgliedstaaten etwa Luft- und Raketenabwehrsysteme, Artilleriesysteme, Raketen, Munition, Drohnen Cyberabwehrsysteme gemeinsam einkaufen.
Die Kommission schlägt nun vor, dass ab 2025 mit einer Laufzeit von vier Jahren rund 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung zusätzlich für Verteidigung ausgegeben werden dürfen, ohne dass ein Mitgliedsland dafür ein Defizitverfahren riskiert. Laut Maastricht-Kriterien wird dieses eingeleitet, wenn das Budgetdefizit über 3 Prozent des BIP liegt.
Ukraine und Verteidigung im Fokus des Gipfels
Der EU-Gipfel am heutigen Donnerstag und bei eventueller Fortsetzung am Freitag dreht sich erneut um die großen Themen Ukraine, Nahost und Verteidigung. Obwohl offiziell die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit das bestimmende Thema sein soll, dürfte erneut die Aufrüstung Europas gegen mögliche Kriegsgefahren und damit verbunden die Beziehung zu den USA die Gespräche der Staats- und Regierungschefinnen und -chefs bestimmen.
Diskutiert wird bei diesem Gipfel die konkrete Ausgestaltung der Pläne der EU-Kommission, die die Unionsländer am Mittwoch aufgerufen hatte, “dringend” aufzurüsten. Die Unterstützung für die Ukraine und eines “umfassenden, gerechten und nachhaltigen Friedens” wird in einem Teil der Gipfelerklärung, deren Entwurf der APA vorliegt, erneut bekräftigt. Erneut wird diese im Namen von 26 der 27 Mitgliedsstaaten – ohne das russlandfreundliche Ungarn – den eigentlichen Schlussfolgerungen angehängt sein. Das ausgegliederte Kapitel enthält auch die von EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas vorgeschlagenen, zusätzlichen militärischen Hilfen für die Ukraine. Diese wurden nun aber auf 5 Milliarden Euro zurückgestutzt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird wieder per Video einem Teil des Gipfels zugeschaltet sein.
UNO-Generalsekretär António Guterres wird in Brüssel erwartet, um auf dem Gipfel über Multilateralismus zu sprechen. Zum nächsten mehrjährigen EU-Budget plant Ratspräsident António Costa einen ersten Austausch. Offiziell starten die Verhandlungen dazu im Herbst. Auch der Nahost-Krieg und die Migration stehen auf der sehr dicht gefüllten Tagesordnung.