Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat nach eigenen Angaben nicht mitbekommen, dass US-Präsident Joe Biden im Alter ein schlechtes Gedächtnis bekommen haben könnte.
“Ich habe mehr als ein Dutzend längere Telefongespräche mit Präsident Biden geführt”, sagte Netanyahu am Sonntag auf Nachfrage in einem Interview des US-Senders ABC News. Biden habe auch Israel zu Kriegszeiten besucht. “Ich fand ihn sehr klar und sehr konzentriert.”
Am Donnerstag hatte der brisante Abschlussbericht des Sonderermittlers Robert Hur in der Affäre um Bidens Umgang mit Geheimdokumenten den 81-jährigen US-Präsidenten in Erklärungsnot gebracht. Darin heißt es, dass keine Anklage gegen Biden erhoben werde. In dem Bericht wird Biden aber als “wohlmeinender älterer Mann mit einem schlechten Gedächtnis” bezeichnet. Biden hat in der Vergangenheit immer wieder die Namen und Nationalitäten ausländischer Staats- und Regierungschefs verwechselt, in den vergangenen Tagen passierte ihm das gleich mehrfach.
“Ich weiß, was zum Teufel ich tue”
In der Folge des Berichts des Sonderermittlers hatten Medienvertreter Biden kritisch zu seinem Alter und seiner Eignung für das Präsidentenamt befragt. Für die republikanische Gegenseite eröffnete der Bericht im Jahr der Präsidentenwahl eine willkommene Angriffsfläche. In einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz sagte der Demokrat, der im November sein Amt verteidigen will, unter anderem: “Ich meine, ich bin ein älterer Mann, und ich weiß, was zum Teufel ich tue. Ich bin Präsident und ich habe dieses Land wieder auf die Beine gebracht.”
In derselben Pressekonferenz verschärfte Biden zudem seine Tonart gegenüber Israel und bezeichnete das Vorgehen gegen die islamistische Hamas im Gaza-Krieg als unverhältnismäßig. Netanyahu sagte bei ABC News am Sonntag, Biden und er seien sich bei den Kriegszielen und vielen anderen Dingen einig. “Manchmal gab es Meinungsverschiedenheiten”, räumte er ein. Diese seien aber “nicht auf Missverständnisse seinerseits oder meinerseits” zurückzuführen gewesen.
Die USA drängen Israel schon länger dazu, den Schutz der Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu verstärken und mehr Hilfe für die Bevölkerung dort zu ermöglichen. Die jüngsten Äußerungen der US-Regierung lassen jedoch zunehmenden Unmut erkennen, was den Widerhall ihrer Appelle bei der israelischen Führung angeht.