Die Koalitionsparteien denken an eine Änderung bei Volksbegehren. Konkret stößt man sich an der Flut der Begehren, der wohl nicht nur politische Beweggründe zugrunde liegen dürften.
Die Einbringung eines Volksbegehrens kostet aktuell 3.421,50 Euro. Erreicht man mehr als 100.000 Unterschriften, erhält man das Fünffache retour (17.107,50 Euro). Sowohl ÖVP- als auch SPÖ-Vertreter orten Missbrauchspotenzial, auch die NEOS sind für eine Reform, ebenso das Innenministerium.
Am Montagabend endete die Eintragungswoche für drei Volksbegehren. Ausreichend Unterschriften (119.368) erhielt eine Initiative gegen die ORF-Haushaltsabgabe. Gescheitert sind ein „Autovolksbegehren“ – und eines, das sich für ein Bereicherungsverbot für Volksbegehren-Initiatoren einsetzte.
Starkes Plus durch Digitalisierung
Beim letzteren Punkt wollen Vertreter von ÖVP und SPÖ ansetzen. Stark zugenommen hat die Zahl der Volksbegehren, seitdem diese digital unterstützt werden können – 2018 wurde die Möglichkeit der Unterstützung mittels ID-Austria eingeführt. Allein letztes Jahr sind 14 Begehren zur Unterschrift aufgelegen.
ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl ortete am Montag in der ZiB des ORF bei der Flut von Volksbegehren der letzten Jahre einen möglichen Missbrauch: „Ein besonderer Missbrauchsfall ist zum Beispiel, wenn man Volksbegehren für etwas und gegen etwas macht, also zum Beispiel für Raucherzonen, gegen Raucherzonen. Das heißt, aus einer Meinung eigentlich gleich eine Umfrage macht und daraus für zwei Volksbegehren auch das Geld kassiert“, so der Abgeordnete.
Ähnlich sieht das auch SPÖ-Verfassungssprecherin Muna Duzdar: „Es ist vorstellbar, dass wir im Zuge jetzt eines Diskussionsprozesses uns darauf verständigen können, ob nicht in Hinkunft die Proponenten und Proponentinnen der Volksbegehren lediglich die tatsächlichen Kosten ersetzt bekommen sollen“, sagte sie zum ORF.
Auch der dritte Koalitionspartner, die NEOS, erklärten am Dienstag auf APA-Anfrage, man stehe einer „Reform mit Augenmaß“ offen gegenüber. „Wir müssen aber sicherstellen, dass es weiterhin einen angemessenen Kostenersatz gibt“, hieß es seitens einer Parteisprecherin.
Innenministerium „begrüßt“ Vorstoß
Aus dem für die Volksbegehren zuständigen Innenministerium hieß es dazu am Dienstag auf APA-Anfrage, die Bestrebungen der im Parlament vertretenen Parteien würden „ausdrücklich begrüßt“. „Volksbegehren sind ein wichtiges Mittel um die Möglichkeit zur demokratischen Partizipation sicherzustellen. Missbrauch dieses wichtigen demokratischen Instruments – mit dem ausschließlichen Ziel einen monetären Vorteil zu erlangen – ist abzulehnen.“
Auch verwies man in der schriftlichen Stellungnahme des Innenressorts darauf, dass die aktuellen Gebührensätze (aus dem Jahr 2018) noch von aufwendiger Drucksortenherstellung zur Bekanntmachung des Vorhabens ausgingen. „Heute hat sich dies allerdings (und damit wesentlich kostengünstiger) in den digitalen Raum verlagert.“ Das Innenministerium stehe den im Parlament vertretenen Parteien „beim vorbereitenden Prozess einer Novelle mit seinen Fachexperten und ihrer Expertise jederzeit zur Verfügung“, hieß es.