Um “Schaden abzuwenden”, schrieben die Casino-Vorstände an die Koalitions-Verhandler einen eindringlichen Brief. Sie warnen vom Ende ihrer Unternehmensgruppe, wenn rot-schwarze Pläne umgesetzt werden. oe24 veröffentlicht den Brief an dieser Stelle.
Sehr geehrte Damen und Herren
sehr geehrte Verhandlungsteams von ÖVP und SPÖ,
wir dürfen uns als Vorstände der Casinos Austria und Österreichische Lotterien Unternehmensgruppe direkt an Sie wenden, um möglichen Schaden für den Staat, seiner Gesellschaft, für unsere Unternehmensgruppe und insbesondere unserer zahlreichen Partner in diesem Land abzuwenden.
Der Grund dafür sind Hinweise, die uns erreicht haben, dass Vorschläge beider Parteien am Verhandlungstisch liegen sollen, die derart massive Einschnitte in die Wirtschaftlichkeit unseres Unternehmens bringen würden, dass sie das Ende von Casinos Austria und der Österreichischen Lotterien bedeuten würden, wie wir sie bis heute kennen!
Warum diese drastischen Worte? Ideen für Mehreinnahmen im dreistelligen Millionenbereich, massive Steuererhöhungen, Streichung von sinnvollen steuerlichen Maßnahmen, weitgehende ordnungspolitische Veränderungen und weiteres lassen bei uns und unseren Partnern alle Alarmglocken schrillen.
Wir dürfen Ihnen folgende Eckdaten vor Augen führen:
- Die Casinos Austria und Österreichische Lotterien Unternehmensgruppe hat im Geschäftsjahr 2023 ein Konzernergebnis von EUR 182,89 Millionen erwirtschaftet.
- In Folge wurde eine Dividende von EUR 136 Millionen an die Eigentümer ausbezahlt.
- Immerhin 33,24% davon (EUR 42,2 Millionen) flossen über die staatliche Beteiligung über die ÖBAG an den Staat.
- Zusätzlich hat die Unternehmensgruppe 2023 EUR 724,05 Millionen Steuern und Abgaben (davon über EUR 600 Millionen spielabhängig) an den Staat abgeliefert.
- Darüber hinaus ist auch die Bruttowertschöpfung in Österreich unserer Gruppe von knapp EUR 1,2 Milliarden zu betonen.
- Der größte Profiteur unserer Geschäftstätigkeit ist somit eindeutig der Staat.
Dem sollen offenbar Ideen zu Mehrbelastungen im Ausmaß von deutlich über EUR 100 Millionen pro Jahr gegenüberstehen! Deren unreflektierte Umsetzung würde einen unvermeidbaren Kahlschlag auf unserer Seite bedeuten, da wir als Management auf Grund der Dimension und Kurzfristigkeit der Einschnitte zu drastischen Maßnahmen gezwungen wären.
30-40% unserer Standorte wären von Schließungen betroffen
Bereits jetzt sind mehrere Casino-Standorte nur sehr eingeschränkt wirtschaftlich betreibbar. In Folge der im Raum stehenden Einschnitte wären wohl 30-40% unserer Standorte von Schließungen betroffen. Davon wären hunderte Arbeitsplätze betroffen und der Verlust touristisch relevanter Einrichtungen in mehreren Bundesländern und der damit zusammenhängenden finanziellen Konsequenzen. Zusätzlich zu den dramatischen Folgen für den Spielerschutz durch den Wegfall eines streng kontrollierten, legalen, flächendeckenden Angebots, hin zum illegalen Angebot bzw. Abfluss ins benachbarte Ausland.
Bei geplanten Eingriffen in die Profitabilität der Österreichischen Lotterien in kolportierter Höhe wäre das bisherige Provisionssystem für unsere Trafikanten als wichtigste Vertriebspartner nicht mehr aufrecht zu halten. Es fließen derzeit knapp EUR 70 Millionen jedes Jahr an über 5.000 Vertriebspartner, größtenteils Trafikanten. Um die Profitabilität der Lotterien sicher zu stellen, wäre wohl eine Halbierung dieser Zahlung notwendig.
Unmittelbar müssten wir unser umfassendes Sponsoringprogramm in den Bereichen Sport, Kultur und Soziales massiv zurückfahren. Damit würde die Überlebensfähigkeit für Österreich höchst relevanter Einrichtungen in Frage gestellt werden. Konkret wäre die Finanzierung des österreichischen Sports in relevanten Teilen nicht mehr sicher gestellt. Auch zahlreiche soziale Einrichtungen würden ohne unsere Unterstützung vor dem Aus stehen.
Aus unserer Unternehmensgruppe fließen jedes Jahr ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag an die wichtigsten heimischen Verlags- und Medienhäuser. Auch hier würde es bei Umsetzung der im Raum stehenden Maßnahmen zu massiven Senkungen kommen, bei allen damit verbundenen Konsequenzen für die österreichische Medienlandschaft.
Glücksspielkonzessionen
Nicht zuletzt stehen in naher Zukunft die Vergaben der österreichischen Glücksspielkonzessionen an. Sollte nun davor das heimische Glücksspielsystem auf den Kopf gestellt werden und die wirtschaftliche Basis derart in Mitleidenschaft gezogen werden, hätte das unvorhersehbare Konsequenzen für diesen Vergabeprozess. Viel vernünftiger wäre es, die Konzessionsvergabe auf Basis des derzeitigen Systems stattfinden zu lassen und sich die Zeit zu nehmen, um zu einem späteren Zeitpunkt gemeinsam mit Experten und Branchenvertretern gute Lösungen zu suchen.
Wir als Vorstände als Vertretung der gesamten Unternehmensgruppe verstehen gut den budgetären Handlungsdruck und schätzen auch die Bemühungen der politischen Verantwortungsträger, sich dieser Aufgabe zu stellen.
“Es würden weniger Steuern fließen, nicht mehr”
Als Vertreter eines österreichischen Leitbetriebs, der zu einem nicht unbeachtlichen Teil im Eigentum der öffentlichen Hand steht und in großen Stil seiner gesellschaftlichen Verantwortung nachkommt, ist es jedoch nur schwer zu verstehen, warum derart weitgehende Maßnahmen nicht auf validere Beine gestellt werden. Unsere Unternehmensgruppe hat in der Vergangenheit immer bewiesen, dass sie in schwierigen Zeiten ein verlässlicher Partner Österreichs ist. Wir stehen daher selbstverständlich jederzeit zur Verfügung, uns Kraft unserer Fachexpertise und Branchenkenntnis in Überlegungen aktiv und konstruktiv einzubringen, um Glücksspiel in Österreich positiv weiterzuentwickeln und weiteren Mehrwert für den Staat und der Gesellschaft zu schaffen. Die derzeit am Tisch liegenden Ideen würden dem jedenfalls nicht gerecht werden. Es ist schlicht nicht verständlich, dass in einer Situation, in der Österreich gesamtheitlich gefordert ist, eine Unternehmensgruppe derart massiv mit Mehrbelastungen konfrontiert wird. Das insbesondere vor dem Hintergrund, dass bei korrekter Gesamtbetrachtung von allen Folgekosten, die erhofften steuerlichen Mehreinnahmen in dieser Höhe nie fließen würden. Im Extremfall würde sogar das Gegenteil passieren.
Wir hoffen mit diesen Ausführungen unseren Standpunkt klar gemacht zu haben und hoffen auf einen baldigen persönlichen Austausch.
Mit freundlichen Grüßen,
Erwin van Lambaart,
Generaldirektor
Martin Skopek,Vorstandsdirektor