– ÖVP, SPÖ, NEOS und Grüne haben sich auf Basis eines Antrags der Grünen auf eine gemeinsame Entschließung zur europäischen Initiative zur koordinierten Beschaffung und Nutzung von Luftverteidigungssystemen Sky Shield verständigt.
Demnach soll die Beschaffungs-Prüfkommission im Verteidigungsministerium alle Beschaffungen, Aufträge und Industriekooperationen im Zusammenhang mit der „European Sky Shield Initiative“ auf die gesetzmäßige Vollziehung und den sparsamen und zweckmäßigen Einsatz der Gelder prüfen. Zudem soll sie das Parlament darüber in ihrem Jahresbericht informieren. Keine Zustimmung gab es von der FPÖ, sie sprach sich im Nationalrat für neutralitätskonforme Alternativen zu Sky Shield aus. Ein in der Sitzung eingebrachter FPÖ-Entschließungsantrag, den Beitritt zur European Sky Shield Initiative nicht weiterzuverfolgen und die bisherigen Vereinbarungen aufzukündigen, blieb allerdings in der Minderheit.
Einstimmig haben sich die Abgeordneten für die Ratifizierung der Vertragsänderung zur Modernisierung des Grenzvertrags mit Liechtenstein ausgesprochen.
Sky Shield: Kontrolle durch Beschaffungs-Prüfkommission
Begründet wurde der ursprüngliche Entschließungsantrag der Grünen damit, dass der russische Angriffskrieg und „veränderte transatlantische Dynamiken“ Europa die Notwendigkeit einer eigenen leistungsfähigen und abgestimmten Verteidigungsfähigkeit vor Augen geführt hätten. Sie halten daher eine konsequente Weiterführung der Teilnahme Österreichs an Sky Shield für notwendig. Die von ihnen geforderte parlamentarische Kontrollkommission findet sich in der gemeinsamen Entschließung nunmehr allerdings nicht wieder.
Die Luftraumüberwachung sei wichtig, aber auch alle anderen Investitionen in ihrem Bereich seien ein Gebot der Stunde, hielt Verteidigungsministerin Klaudia Tanner fest. Im Regierungsprogramm sei verankert, dass auch weiterhin ein Weg zu einer modernen Armee beschritten werde. Es gehe aber auch darum, welche Werte zu verteidigen seien, so die Ministerin. Es sei nicht selbstverständlich, in einer Demokratie in Friede, Freiheit und Sicherheit zu leben. Daher sei es eine Verpflichtung, Soldat:innen dabei zu unterstützen, dies zu sichern.
Volker Reifenberger (FPÖ) warnte zur Teilnahme an Sky Shield vor einem Verstoß gegen die Neutralität. Darüber hinaus erachtet er in der Entschließung der anderen Parteien „reine Show“, zumal die Kommission bereits jetzt prüfen dürfe. Die Frage sei nur, warum nicht schon längst Berichte vorgelegt würden, so Reifenberger. Christian Schandor (FPÖ) zeigte sich wiederum überzeugt, dass Österreich erst seine „Hausaufgaben“ machen müsse, bevor es in Europa einen Beitrag leisten könne. So brauche es aus seiner Sicht zahlreiche Maßnahmen, damit das Bundesheer seine Aufgaben weiterhin erfüllen könne, wie etwa im Hinblick auf das Budget oder die Miliz. Es gelte, im Land die erforderlichen Mittel für den Schutz sicherzustellen. Auch Michael Gmeindl (FPÖ) erachtet die Teilnahme an Sky Shield mit der Neutralität Österreichs nicht vereinbar. Aus seiner Sicht brauche es eine eigenständige Luftverteidigung in Österreich. Außerdem dürfe nicht zugelassen werden, dass eine „Hintertür“ in Richtung NATO geschaffen werde.
Sky Shield sei eine Beschaffungsinitiative und kein Militärbündnis, hielt Friedrich Ofenauer (ÖVP) fest. Die Entscheidung über einen Einsatz allfälliger Abwehrraketen bleibe im Land und Österreich in der Luftabwehr eigenständig. Die Kooperation spare außerdem Zeit und Geld und sei jedenfalls mit der Neutralität kompatibel. Mit der gemeinsamen Entschließung werde festgehalten, dass sich die Kommission mit der Beschaffung befassen müsse. Michael Hammer (ÖVP) ortet ein „sicherheitspolitisches Risiko“ in der FPÖ, zumal von ihr alle Initiativen zur Landesverteidigung auf europäischer Ebene konterkariert würden. Johann Höfinger (ÖVP) gab zu bedenken, dass sich die technischen Anforderungen weiterentwickelt hätten, um die Neutralität und den Luftraum zu schützen und bezeichnete Sky Shield als ein wichtiges Projekt. Aus Sicht von Manfred Hofinger (ÖVP) haben sich die Bedrohungen verändert. Es brauche Sky Shield zur verfassungsmäßigen Verteidigung Österreichs, die Teilnahme stehe in keinem Widerspruch zur Neutralität.
Für die größtmögliche Transparenz in der Beschaffung zu Sky Shield werde die Kommission jährlich einen Bericht vorlegen, sagte Robert Laimer (SPÖ). Als neutraler Staat brauche Österreich entsprechende Vorkehrungen zur Luftverteidigung, und zwar zum Schutz der Bevölkerung, der Freiheit und des neutralen Staates Österreich. Auch Petra Oberrauner (SPÖ) zufolge werde Sky Shield die Sicherheit verbessern. Die Teilnahme an dem Projekt sei mit der Neutralität vereinbar, Österreich entscheide souverän über den Einsatz. Alleine hätte Österreich höhere Kosten und längere Wartezeiten, meinte Oberrauner. Die gemeinsame Entschließung sichere nunmehr die Transparenz und Kontrolle in der Beschaffung.
Sicherheitspolitisch habe sich eine stärkere Dynamik in Richtung Luftraum entwickelt, so Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS). Es gelte daher, den Luftraum zu schützen und Schritt zu halten. Allein aufgrund der geografischen Logik brauche es dazu das internationale Netzwerk, um schnell reagieren zu können. Um langfristig Sicherheit zu gewährleiten, benötige es eine europäische Zusammenarbeit, Synergien und Partnerschaften.
Europa stehe verteidigungspolitisch vor einer Zeitenwende, meinte David Stögmüller (Grüne). Er sehe in dieser neuen Lage eine Gelegenheit, die europäische Sicherheit selbst in die Hand zu nehmen und die Neutralität neu zu denken. Als neutraler Staat sei der Beitritt zu Sky Shield ein erster großer Schritt für Österreich. Die enge parlamentarische Kontrolle sei dabei gerade bei Rüstungsausgaben wichtiger denn je.
Modernisierung des Grenzvertrags mit Liechtenstein
Da der derzeit gültige Grenzvertrag zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über 60 Jahre alt ist und der Regierung zufolge nicht mehr den technischen und praktischen Anforderungen der heutigen Zeit entspricht, soll er geändert werden. Konkret haben Österreich und Liechtenstein vereinbart , die bereits erstellten neuen und modernen Grenzurkunden in den Vertrag aufzunehmen und im Bereich des Egelsees eine geradlinige Festlegung des Grenzverlaufs vorzunehmen.
Gernot Darmann (FPÖ) räumte dazu zwar ein, dass es wichtig sei, den „Grundstücksabtausch“ in den Staatsvertrag aufzunehmen. Er bemängelte jedoch, dass wichtige andere Bereiche im Innenausschuss nicht behandelt bzw. vertagt würden, wie etwa zum Thema Asyl. Im Antrag der Koalitionsparteien für einen „Stopp zum Familiennachzug“, den Andreas Minnich (ÖVP) für heute ankündigte, ortet Darmann etwa Umgehungsmöglichkeiten.
Zum modernisierten Vertrag mit Liechtenstein ist aus Sicht von Minnich besonders wichtig, dass es sich um einen konsensualen, bilateralen Austausch handle. Aufgenommen worden sei unter anderem auch eine Bestimmung, dass das Bauverbot an der Grenze von zehn Metern auf einen Meter reduziert werde.
Es handle sich bei der „Grenzbereinigung“ um rein technische Maßnahmen, hielt Maximilian Köllner (SPÖ) fest. Sichergestellt worden sei auch, dass sich für beide Staaten keinerlei flächenmäßige Nachteile ergeben. Man dürfe außerdem nie vergessen, wie wichtig es sei, dass sich zwei Staaten auf vertraglicher Ebene und so „unspektakulär“ auf diplomatischem Weg einigen können, so Agnes Sirkka Prammer (Grüne).
Staatssekretär Jörg Leichtfried bekräftigte in seiner ersten Rede im Nationalrat in Stellvertretung von Innenminister Karner, froh zu sein, dass solche Diskussionen über Grenzziehungen in Mitteleuropa so „unspektakulär“ seien. Es gebe den Staatsvertrag seit 1960, seither hätten sich immer wieder naturbedingte Veränderungen ergeben. Mit den Änderungen habe man sich nun für höhere Präzision und leichtere Handhabung entschieden, wodurch auch Geld gespart werde. (Fortsetzung Nationalrat) mbu