Erneut ist es Raphael Haaser trotz schwieriger Vorzeichen gelungen, am Tag X eine medaillenreife Leistung aus sich herauszuholen.
Einen Tag nach der schweren Knieverletzung seiner Schwester Ricarda und auf den Tag genau zwei Jahre nach WM-Bronze in der Kombination, beschenkte sich der ruhige Tiroler erneut mit einer WM-Medaille. Super-G-Silber in Saalbach hinter einem überragenden Marco Odermatt brachte ihm Lobeshymnen von allen Seiten ein.
Den Erfolg kommentierte Haaser seinem Naturell entsprechend ganz ruhig. “Ich bin nicht so der Typ, der das gern nach außen trägt. Ich verarbeite das gern für mich selber”, erklärte Haaser lächelnd. “Ich komme vielleicht oft unsympathisch und unzufrieden rüber, aber das ist überhaupt nicht so. Wer mich kennt, der weiß, dass man mit mir eine Gaudi haben kann. Damit kann ich leben.”
Eiskalter “Megaskifahrer”
Die Teamkollegen kennen den 27-Jährigen schon länger. “Er ist bei uns der Iceman, das hat er wieder gezeigt”, meinte Vincent Kriechmayr und auch Lukas Feurstein verbeugte sich verbal. “Er ist einfach eiskalt, ihn lässt alles so kalt rundherum, er macht das gewaltig. Er haut alles rein, was er hat. Dass er ein Megaskifahrer ist, weiß man.”
Auch der gleichaltrige Odermatt weiß um die Qualitäten. “Wir kennen uns schon sehr, sehr lange, von Jugendrennen wie Trofeo Topolino. Da ist er immer ein bisschen schneller gewesen als ich”, erinnerte sich der überragende Skifahrer der Gegenwart. “Ich glaube, was er nach seiner Verletzung geleistet hat in Kitzbühel und heute, als Österreicher daheim Silber zu gewinnen, ist wunderbar.”
“Teil der Medaille” gehört Schwester Ricarda
Die ÖSV-Trainer erinnerten an Haasers gewonnenen Wettlauf mit der Zeit. Denn der WM-Start hatte aufgrund eines überdehnten Kreuzbandes bis Kitzbühel gewackelt. In Kitz aber fuhr er auf Anhieb zu Rang zwei im Super-G – seinem vierten Weltcup-Podestplatz (immer Zweiter). “Da haben viele etwas richtig gemacht, die ganze Physiotherapie”, meinte Speed-Gruppentrainer Sepp Brunner. “Coole Sache für Raphi, der im letzten Moment fit geworden ist, sich qualifiziert hat und dann die Medaille macht”, sagte Cheftrainer Marko Pfeifer. “Er hat auch Ricardas Verletzung richtig eingeordnet, wirkte locker in der Früh und hat es einfach umgesetzt.”
“Es war natürlich nicht einfach gestern”, gestand Haaser angesichts der Achterbahnfahrt der Gefühle. “Aber es ist mir recht gut gelungen, das auf die Seite zu schieben und mich zu konzentrieren. Natürlich gehört auch ein Teil der Medaille meiner Schwester. Sie hat mir in der Nacht eine Whatsapp geschrieben, dass ich Gas geben soll.”
Pisten-Gaudi statt Après-Ski
Das beherzigt Haaser primär auf der Piste. Den Partytiger ließ er nicht aufblitzen. “Vielleicht motiviere ich mich noch dazu, dass ich morgen das Abfahrtstraining in Angriff nehme”, sagte der nicht für die WM-Abfahrt nominierte Haaser, “um einfach ein paar Kilometer auf den langen Ski zu sammeln.” Dass die Königsdisziplin am Sonntag ohne ihn stattfindet, wurme ihn “überhaupt nicht. Der Super-G hatte die größte Priorität für mich”.