Briten-Premier Starmer wird in Brüssel erwartet.
Die EU will sich wegen der aktuellen Bedrohung besser für die Verteidigung der Zukunft rüsten. EU-Ratspräsident Costa lud die EU-Staats- und Regierungschefs am Montag zu einer “informellen Klausur” nach Brüssel ein, um Europa “widerstandsfähiger, effizienter, autonomer im Bereich Sicherheit und Verteidigung” zu machen. NATO-Generalsekretär Mark Rutte und der britische Premier Keir Starmer sind dabei. Österreich ist durch Interimskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) vertreten.
Beim Abendessen ist seit dem Brexit vor fünf Jahren mit Keir Starmer erstmals wieder ein britischer Premierminister zu Gast: EU-Diplomaten betonten, der Brite werde am Montagabend trotz Brexit kein “stiller Zuhörer” sein, sondern sich aktiv am Austausch mit seinen 27 Ex-EU-Partnerländern beteiligen. Eine formelle Abschlusserklärung oder konkrete Beschlüsse mit Zahlen zu den Verteidigungsausgaben soll es am Montag laut Ratsangaben nicht geben.
EU-Ratschef will baldige Entscheidungen
Costa sagte zum Auftakt des Treffens Montagfrüh in Brüssel, die strategische Diskussion unter den EU-Chefs sollte der EU-Kommission eine Anleitung für ihr geplantes “Weißbuch” (Diskussionspapier) zu Verteidigung bieten, “und den Weg ebnen für Entscheidungen in den kommenden Monaten”. Die Diskussion gehe nun um drei Themen, nämlich was die Prioritäten für die europäische Verteidigung seien, wie die erforderliche Finanzierung zu bewerkstelligen sei und wie die EU bestehende Partnerschaften stärken könne. Bereits im März 2022 – unmittelbar nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine – habe sich die EU bei einem Gipfel in Versailles dazu bekannt, mehr Verantwortung in Verteidigungsfragen zu übernehmen, sagte Costa. “Wir fangen nicht bei null an.”
Der deutsche Kanzler Olaf Scholz betonte: “Wir müssen die europäische Verteidigung stärken.” Für Deutschland sei “Europa das wichtigste nationale Interesse, das wir haben”. Es brauche mehr Zusammenarbeit der Verteidigungsindustrien und “eine konstante gemeinsame Produktion”.
Die aktuellen Ereignisse in der Ukraine und die Aussagen und Entscheidungen der neuen Trump-Regierung würden die Europäer dazu bringen, vereinter aufzutreten und sich stärker für ihre kollektive Sicherheit zu engagieren, betonte der französische Präsident Emmanuel Macron. Wenn Europa handelspolitisch angegriffen werde, müsse es reagieren. Macron appellierte an seine EU-Partner auch für mehr Investitionen in den Verteidigungsbereich, von privater wie von öffentlicher Seite. Frankreich habe dies bereits getan.
Russland “eine Bedrohung” für europäische Länder
Der finnische Premierminister Petteri Orpo warnte: “Russland bleibt und ist eine permanente Bedrohung für europäische Länder.” Für Finnland und viele osteuropäische Staaten seien die Sicherheit und die Verteidigung “existenziell”, so Orpo. Finnland sei offen für Lösungen zur Finanzierung der europäischen Verteidigung. Ähnlich äußerte sich auch die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen. “Russland bedroht nicht nur die Ukraine, sondern uns alle”, sagte sie. Die größte Schwierigkeit sei, dass Europa zu langsam sei, “dass wir noch immer glauben, in Friedenszeiten zu leben”, und dass Europa ein Sinn für Dringlichkeit fehle.
Frederiksen betonte erneut in Hinblick auf die Ambitionen von US-Präsident Donald Trump, dass Grönland nicht zum Verkauf stehe. Dänemark habe klar gemacht, dass die Souveränität von Staaten zu achten sei. Auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas warnte, Russland ändere seine Ziele nicht. Europa müsse mehr für seine Verteidigung tun. “Wenn Europa sich nicht selbst verteidigen kann, wird es niemand verteidigen”, betonte auch EU-Parlamentschefin Roberta Metsola.
“Wir müssen alles tun, um diesen dummen und unnötigen Handelskrieg zu vermeiden”, erklärte der polnische Premier und derzeitige Vertreter des Ratsvorsitzes Donald Tusk. “Wir dürfen den gesunden Menschenverstand und das Bewusstsein für unsere Interessen und unsere Selbstachtung nicht verlieren.” Die Situation mit Donald Trump sei ein “Test für unsere Einigkeit”. Tusk betonte auch, dass Polen immer einer der transatlantischsten Staaten gewesen sei. Aber: “In der Politik ist alles möglich.”