Warum Mobilfunker spusu in fremden Branchen wildert

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Franz Pichler nimmt die Sache gerne selbst in die Hand: Als der Eigentümer und Geschäftsführer der heimischen Mobilfunkmarke spusu im Vorjahr kein Elektrofahrrad mit entsprechender Akku-Reichweite fand, suchte er sich kurzerhand einen Partner und stieg ins Fahrradgeschäft ein. Mehr als 500 spusu-E-Bikes hat der Unternehmer im Vorjahr verkauft, heuer sollen es schon 2.000 sein. Gefertigt werden die leistungsstarken E-Bikes mit Firmenlogo von der steirischen Firma bikee.

Nach dem Einstieg ins Fahrradgeschäft folgt nun der nächste Spurenwechsel. Pichler ist unter die Winzer gegangen und vertreibt ab sofort handverlesene spusu-Weine aus biologischem Anbau. Die ersten Jahrgänge des rund zwei Hektar großen, von der Familie Pichler gepachteten Weingartens im Weinviertel werden heute, Donnerstag, in Wien verkostet. Grüner Veltliner „the green“ und Cuvee-Weine sind im Online-Shop ab 19,90 Euro erhältlich.

Alles aus einer Hand

Nicht gerade billig für einen Mobilfunk-Anbieter, der mit günstigen Tarifen wirbt. Aber warum wildert spusu in fremden Gefilden? „Unser neues Motto lautet: Besser leben mit spusu, da gehört das E-Bike eben auch dazu. Das steigert natürlich auch die Bekanntheit der Marke“, erläutert Pichler im KURIER-Gespräch. Er habe noch viele Ideen und sei ständig auf der Suche nach weiteren Branchen. Ziel sei es, alles aus einer Hand anzubieten, Markenspreizung nennen das die Ökonomen. Nicht immer werden Pichlers Ideen realisiert. Ein von ihm geplantes Vier-Sterne-Superior-Wellnesshotel in den Weinbergen bei Mistelbach – Pichlers Heimatbezirk – wurde von der Bank gestoppt: Nicht wirtschaftlich zu führen.

Marktsättigung

Im Kerngeschäft Mobilfunk läuft nicht alles rund und es müssen neue Einnahmequellen gesucht werden. Als virtueller Mobilfunk-Anbieter ohne eigenes Netz (MVNO) kann spusu im gesättigten Markt nur mit hohem Werbeaufwand und Sportsponsoring (Rapid, Vienna Capitals) Wechselkunden ködern. Nach eigenen Angaben konnte bei der Kundenzahl heuer erstmals die 500.000-er Marke geknackt werden. Diese Zahl zu halten sei nun das vorrangige Ziel, große Steigerungsraten erwartet sich Pichler nicht mehr. Zum Vergleich: Mitbewerber Ventocom „HoT“ hat mehr als 1,2 Millionen Handykunden in Österreich.

Marktsättigung

Spusus Italien-Expansion vor zwei Jahren brachte bisher nicht den erhofften Kundenzuwachs. Auch dort ist der Markt längst gesättigt. Ungeachtet dessen kündigt Pichler noch für heuer einen weiteren Expansionsschritt in einem großen Telekommarkt an. Das Land dürfe er zwar noch nicht verraten, gibt er sich kryptisch. Früheren Interviews zufolge handelt es sich um Großbritannien, wo spusu bereits vor längerer Zeit einen Vertrag mit der British Telecom geschlossen hat.

Fakten zu Mass Response

Mass Response
Franz Pichler übernahm  die Mass Response Service GmbH  2011 von der Telekom Austria. Der studierte Elektrotechniker  war zuvor technischer Leiter dort. 2015 startete er mit    „spusu“ als virtueller Netzbetreiber. spusu hat rund 500.000 Privatkunden.
 
200 Mitarbeiter
Mass Response  setzte im Vorjahr  55 Mio. Euro um und beschäftigt aktuell rund 200 Mitarbeitende. Etwa 100 davon sind im Kundenservice tätig

Televoting
Mass Response verdient auch Geld u.a. mit Televotings. Vorzeigekunde ist der Eurovision Song Contest, wo die Niederösterreicher mit der Kölner digame GmbH kooperieren, die auch für andere Senderformate wie „DSDS“ oder „Lets dance“  verantwortlich ist.

Eher schleppend verläuft der groß angekündigte 5G-Ausbau. Mass Response, Pichlers Unternehmen hinter der Marke spusu, ersteigerte für 1,8 Mio. Euro ein 5G-Frequenzpaket für Niederösterreich und Burgenland. Seither habe er 35 5G-Funkmasten in Betrieb genommen, sagt Pichler. Damit wurden auch die gesetzlichen Auflagen für die Lizenz erfüllt. Allein elf Sendemasten mit selbst entwickelter „5G Stand-Alone“-Technologie stehen im Weinviertler Wirtschaftspark Mistelbach-Wilfersdorf und versorgen dort Gewerbekunden mit superschnellem Internet. Für Privatkunden sei 5G noch nicht wirklich ein Thema, der Unterschied zwischen 4G und 5G kaum erkennbar.

Mehr dazu: Mobilfunker Spusu: 5G für ländliche Regionen

Glasfaserausbau

Große Erwartungen setzt der studierte Elektro- und Nachrichtentechniker daher in ein weiteres, neues Geschäftsfeld, dem Glasfaserausbau in unterversorgten Dörfern. Ende April eröffnete die neu gegründete Baufirma spusu Infrastruktur GmbH einen Baustandort im Weinviertler Wirtschaftspark. Sieben Bautrupps samt Fuhrpark sollen quer durchs Land Lichtwellenleiterverbindungen bis ins Eigenheim („Fiber to the home“) verlegen.

50 Bauarbeiter will Pichler einstellen, ein zweistelliger Millionenbetrag wird dafür investiert. „Superschnelle Internetanschlüsse werten nicht nur die Immobilie, sondern die gesamte Region extrem auf“, wirbt der umtriebige Geschäftsmann um Kundschaft. Im Fokus hat er kleine Ortschaften, wo bei Ausschreibungen die Konkurrenz nicht so groß ist. Begonnen wurde wiederum in Niederösterreich. Mit A1 gibt es lokale Partnerschaften auch in anderen Regionen. Die ersten 10.000 Haushalte hätten bereits angeschlossen. „Einmal angeschlossen hat man die Kunden dann für die nächsten 100 Jahre“, hofft Pichler.

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