Energiewende als Mission Impossible?

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Reichen uns in Zukunft “Wind, Sonne und Co”? Diese Frage versuchten Christoph Dolna-Gruber und Günter Pauritsch von der Österreichischen Energieagentur (AEA) am Mittwoch vor Journalisten zu beantworten. Ein einfaches “Umstecken” von einem Typ Kraftwerk auf ein anderes wird es jedenfalls nicht geben. Wenn die Wende gelingen soll, muss das Energiesystem umgebaut werden. Wie bei der Corona-Pandemie und den Folgen des Ukraine-Krieges sollte die Perspektive nicht sein “Was ist realistisch?”, sondern “Was ist notwendig?”, plädiert Pauritsch.

Hat Österreich nicht schon einen hohen Erneuerbaren-Anteil?

Inklusive Biomasse liegt der Anteil erneuerbarer Energieträger in Österreich bei 36 Prozent, beim Strom sind 76 Prozent der Produktion “grün”. Österreich profitiere dabei stark vom Ausbau der Wasserkraft vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis Mitte der 1990er, sagte Dolna-Gruber. Allerdings macht Strom nur etwa ein Fünftel der verbrauchten Energie aus (siehe Grafik). Vorreiter sind etwa Norwegen mit einem Anteil von 47 Prozent oder Schweden mit 33 Prozent.

Was soll passieren?

Die Schlagworte sind Elektrifizierung und Ökostrom. Dieser ist nicht nur klimafreundlicher als fossile Energieträger, sondern er kann im Land produziert werden. Die Wertschöpfung fließt also nicht ins Ausland ab. Die großen Brocken liegen laut Dolna-Gruber und Pauritsch beim Pkw-Verkehr und der Wärme-Erzeugung (siehe Grafik). In diesen Bereichen sind die strombetriebenen Alternativen wie Elektroautos und Wärmepumpen deutlich energieeffizienter als das Verbrennen von Ölprodukten, Kohle oder Gas.

Mehr dazu hier: Wenn alle mit dem E-Auto fahren würden…

Was ist mit der Industrie?

Insbesondere im Hochtemperaturbereich ist der Umstieg auf Strom oft nicht praktikabel. Die Zukunftshoffnung ruht hier auf “grünen Gasen” wie Wasserstoff, der mittels Elektrolyse aus Ökostrom und Wasser gewonnenem wird.

… und mit E-Fuels?

Auch E-Fuels werden in einem weiteren Schritt aus Wasserstoff hergestellt. Sie sind gut lagerbar und können auch dort verwendet werden, wo es keine Stromleitungen gibt und Akkus zu schwer sind, also etwa in der See- und Luftfahrt. Ihr Nachteil sind die hohen Umwandlungsverluste (20 bis 30 Prozent in der Wasserstoff-Elektrolyse, mindestens weitere 20 Prozent in der Umwandlung zu E-Fuels) und die geringere Effizienz des Verbrennungsmotors.

Mehr dazu hier: E-Fuels statt Benzin und Diesel: Was sie können, was sie kosten

Brauchen wir dann nicht viel mehr Strom?

Davon ist auszugehen. Die Branchenvertretung der E-Wirtschaft schätzt, dass sich der österreichische Strombedarf bis 2040 auf 140 Terawattstunden (TWh) etwa verdoppelt. Bisher werden in Österreich pro Jahr etwa 54 TWh Ökostrom produziert. In dem Szenario wird allerdings davon ausgegangen, dass drei Viertel des benötigten Wasserstoffs nicht aus österreichischem Ökostrom erzeugt, sondern importiert werden.

Ausbauziel 2030

100 Prozent
Die Regierung hat als Ziel ausgegeben, dass Österreich seinen Strombedarf bis 2030 bilanziell aus erneuerbaren Quellen decken kann – es muss also pro Jahr so viel Ökostrom produziert werden, wie elektrische Energie verbraucht wird

27 Terawattstunden(TWh)
jährliche Ökostrom-Produktion sollen bis dahin insgesamt zugebaut werden. Die größten Zuwächse sind bei der Photovoltaik (plus 11 auf 13 TWh) und der Windenergie (plus 10 auf 17 TWh) angepeilt

Wird das Stromnetz dann nicht instabil?

Mit Ausnahme von Biomasse sind alle erneuerbaren Energieträger saisonalen Schwankungen unterworfen. Deswegen ist es wichtig, Kapazitäten in mehreren Technologien zu haben, so Dolna-Gruber. Insbesondere die Erzeugungsprofile von Windkraft (stärker im Winterhalbjahr) und Photovoltaik (stärker im Sommerhalbjahr) ergänzen sich gut. Auch der internationale Stromhandel hilft, regionale Erzeugungsschwankungen in Europa auszugleichen. Damit das gut funktioniert, müssen die Stromnetze aber massiv ausgebaut und auch die Strom- und Wärmespeicher erweitert werden.

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