Gesundheitsbarometer: 41 Prozent der Befragten waren im vergangenen halben Jahr beim Wahlarzt.
Die Wiener bewerten die Gesundheitsversorgung in der Bundeshauptstadt auf einer Schulnotenskala mit 2,6, machen sich aber Sorgen um deren Zukunft. Zu diesem Ergebnis kommt das am Dienstag präsentierte „Gesundheitsbarometer“ der Wiener Ärztekammer. „2,6 ist nicht hoffnungslos, aber es gibt Luft nach oben“, meinte Kammerpräsident Johannes Steinhart bei einer Pressekonferenz. Immerhin 41 Prozent haben im halben Jahr vor der Befragung einen Wahlarzt aufgesucht.
Laut der im März durchgeführten Umfrage von „Public Opinion Strategies“ (1.000 Befragte, Zielgruppe: Wiener Wohnbevölkerung ab 16, maximale Schwankungsbreite +/- 3,1 Prozentpunkte) sorgen sich rund zwei Drittel der Befragten um die Zukunft der Gesundheitsversorgung. 57 Prozent wollen, dass der Staat mehr in Gesundheit investiert, nach Themenfeldern liegt dieser Bereich klar auf Platz eins vor Bildung (46 Prozent) und Sozialem (41 Prozent).
Die Gesundheitsversorgung in Wien wird damit geringfügig besser bewertet als im Bundesschnitt. Bei einer ähnlichen Befragung der Ärztekammer im vergangenen September unter der österreichischen Wohnbevölkerung wurde ein Durchschnittswert von 2,8 für das österreichische Gesundheitssystem ermittelt. Auch die Sorgen um das Gesundheitssystem sind laut Meinungsforscher Peter Hajek, der für die Kammer das Gesundheitsbarometer seit 2015 erstellt, nicht neu. „Wir haben diese Sicht der Dinge schon vor der Pandemie gehabt.“
Frauen sind kritischer
Kritischer als die Wiener Gesamtbevölkerung äußerten sich bei der Befragung Frauen, niedrig Gebildete und Bewohnerinnen bzw. Bewohner von Flächenbezirken. Bei der Einschätzung der Spitalsversorgung in Wien griffen auf einer vierteiligen Skala 16 Prozent zu einem „Sehr Gut“, 51 Prozent zu einem „Eher Gut“, 21 Prozent zum „Eher Schlecht“ und fünf Prozent zu einem „Sehr Schlecht“. Rund die Hälfte der Patientinnen und Patienten klagte aber über zu wenig Zeit und Betreuung durch die Spitalsärztinnen und -ärzte.
Weitere interessante Resultate: Die Wartezeiten auf eine OP werden von jenen, die selbst davon betroffen waren, kürzer eingeschätzt als jene, die dies nur vom Hörensagen kennen. Und laut der Befragung gaben 30 Prozent an, jährlich eine Vorsorgeuntersuchung zu absolvieren. 38 Prozent meinten, dies ab und zu zu machen, 28 Prozent verzichteten auf den Check. Laut offiziellen Daten wird die Leistung tatsächlich aber seltener in Anspruch genommen.
Kammer will mehr Kassenstellen und Spitalspersonal
Die Kammer folgert aus der Befragung unter anderem, dass einerseits Kassenarztstellen ausgebaut und auch mehr Personal in den Spitälern angestellt werden müssten. Außerdem brauche es höhere Gehälter in den Krankenhäusern sowie Facharztzentren unter Einbindung von Gesundheits- und Sozialberufen. Zur Stärkung der Gesundheitsvorsorge sollten außerdem Anreizmodelle wie der 100-Euro-Bonus der SVS eingeführt werden, wenn Versicherte zur Vorsorgeuntersuchung gehen oder an gesundheitsfördernden Programmen teilnehmen.