Die Schauspielerin hat ein Buch geschrieben – im oe24-Talk verriet sie alles zum Inhalt.
Schauspielerin Valerie Huber, bekannt aus dem Kinofilm Klammer-Chasing the Line, oder der Netflix-Serie Kitz, hat ein mitreißendes Buch geschrieben.
FOMO Sapiens lautet der wortspielerische Titel, das Cover ist bunt gestaltet. Also eine nette Wohlfühllektüre? Nein! Huber widmet sich den heftigen, aber umso wichtigeren Themen unserer Zeit: Klimakrise, rechte Politik, Kindersterben, Genderungerechtigkeit: Die 29-Jährige spart in ihren 34 Essays keine unbequemen Fragen aus.
Wandel. Wie Valerie Huber im oe24-Talk erklärt, braucht es einen echten Systemwandel auf der Welt, derzeit entscheiden Leute, die „in 20 Jahren nicht mehr sein werden“.
Das ist Hubers wichtige Balance im Leben
fomo. Hubers Mittel gegen fomo, also die Angst, etwas zu verpassen? Erden in der Natur, die Tätigkeit für UNICEF („Brenne für diese Arbeit für Kinder in Afrika und könnte auch nicht ohne diese Balance“) und echte Beziehungen pflegen. Zum Beispiel jene zu ihren Eltern, denen sie im Nachwort Dank ausspricht. Die ersten sieben Jahre ihres Lebens verbrachte Huber in Afrika. wo sie „eine tiefe Menschlichkeit kennengelernt“ hat.
Das ganze oe24-Interview
Klimakrise, rechte Politiker, Chancenungleichheit, Kindersterben und Hunger auf der Welt – der Inhalt Ihres Buchs istdüster, die Themen tun weh. Umso mehr überrascht das doch so fröhlich bunt gestaltete Buchcover…
Valerie Huber: Ich würde nicht düster sagen, aber etwas tiefgründiger, als es wohl von außen erscheint. Das war absichtlich so gestaltet, weil ich mit meinem Buch ganz klar junge Menschen ansprechen möchte, obwohl es natürlich Themen sind, die und alle betreffen. Ich würde mir wünschen, dass wir wieder politischer wären, weil uns Politik alle angeht und so sehr betrifft. Deshalb war die klare Aufgabe des Buches, das Interesse an politischen Themen wie Klimaschutz, Feminismus etc zu wecken. Wir dürfen uns nicht zurücklehnen und sagen: „Das geht uns nichts an“ – wir sind die Generation, die die Zukunft stemmen und die Fehler, die gerade gemacht werden, ausbaden muss. Deshalb ist das Buch ein Appell, ein Aufruf zur Aktion.
War der Schreibprozess schwer für Sie? Einerseits wegen den Themen, aber auch weil es sozusagen Neuland war?
Valerie Huber : Es hat mir wahnsinnig viel Freude bereitet – ich habe immer schon gerne geschrieben und der Verlag (Goldegg) hat es mir auch wirklich leicht gemacht, weil es immer ein schöner, lockerer Prozess war und sie mich wunderbar an der Hand genommen haben. Ich bin zu einem richtigen Schreib-Fan geworden und schließe nicht aus, wieder ein Buch zu schreiben.
Gäbe es denn noch Anknüpfungspunkte an Ihr erstes Werk – beziehungsweise was könnte das Thema sein?
Valerie Huber: Das ist schwierig, weil ich versucht habe, so viele Themen anzuschneiden, deshalb bleibt eigentlich gar nicht mehr so viel über. (Lacht) Natürlich gäbe es noch viel Potenzial, in die Tiefe zu gehen. Ich habe die Kapitel recht kurz gehalten, um die Aufmerksamkeit der Leser:innen zu halten, sozusagen wie auf Instagram. Aber es gibt ja viele verschiedene Möglichkeiten, Bücher zu schreiben – wie etwa Romane… mal sehen.
Warum haben Sie das Buch als Medium Ihres Ausdrucks gewählt?
Valerie Huber: Auch das war mir sehr wichtig: junge Leute wieder zum Lesen zu bringen. Es ist schließlich auch eine Bildungsfrage, wohin wir uns derzeit bewegen – und wir können durch Lesen einfach mehr Wissen erwerben als durch zehnsekündige Instagram-Feeds. Wir müssen einfach wieder mehr in die Substanz gehen. Diese Oberflächlichkeit bringt uns auf Dauer nicht weiter.
Sie schreiben: „Der Unersättlichkeit muss ein Ende gesetzt werden“ oder „Wir haben das Menschsein doch ziemlich ausgereizt, findet ihr nicht?“ Wie schaffen wir das in einer Welt, die nur einen Klick von der Erfüllung entfernt ist?
Valerie Huber: Klar, wir sind alle in einem System, aus dem wir nur schwer herauskommen, das ist mir bewusst, aber wir müssen es versuchen. Besonders wir jungen Frauen werden so instrumentalisiert und sind in diesem Konsummechanismus gefangen… Fomo wird ja auf Social Media absichtlich kreiert um Mangeldenken zu kreieren um schlussendlich Profit zu erzielen. Wir müssen einfach merken, dass wir nicht weiter expandieren können, dass die Grenzen ausgereizt sind und wir uns zurückziehen müssen. Dieses Modell von immer höher, immer weiter, immer mehr Ausbeutung geht so nicht weiter. Wir müssen uns global, aber auch persönlich zur „Degrowth“ zuwenden.
Was macht die aktuelle politische Situation – international wie national – mit Ihnen?
Valerie Huber: Was aktuell passiert auf der Welt, raubt mir wahnsinnig die Hoffnung, weil wir uns auf einen Pfad begeben, der komplett konträr ist zu dem Pfad, auf dem wir sein müssten. Diese Rückschritte im Klimasektor und der Rechtruck sind meiner Meinung nach irreparabel. Wir haben jetzt noch ein kleines Fenster, um irgendwie der Klimakatastrophe entgegenzuwirken, stattdessen wenden wir uns komplett ab und wählen Klimaleugner zu Herrschern, die – wie wir in Österreich und in den USA sehen – sofort mal Klimaförderungen streichen, aus Klimaabkommen aussteigen und noch mehr nach Öl bohren. Das ist eine Katastrophe. Es geht ja sogar den Klimawissenschaftlern der Atem aus. Das alles raubt mir sehr die Energie und ich merke, dass das sehr viel mit mir macht. Ich bin teilweise wirklich deprimiert, wie kurzsichtig, gierig und profitorientiert wir Menschen sind und in welche Richtung wir und bewegen.
Was braucht es konkret aus Ihrer Sicht?
Valerie Huber: Wir brauchen einen echten Systemwand. Alle Machanismen, unsere Produktionsweisen, der Transport, die Landwirtschaft, der Energiesektor – alles muss neu gedacht werden. Wir brauchen Entscheidungsträger:innen, die auch tatsächlich Politik machen, die wir alle erleben werden. Es entscheiden Menschen über unsere Zukunft, die in 20 Jahren vielleicht nicht mehr sein werden. Und diese agieren kurzsichtig, egoistisch und überkapitalistisch. Da stellt sich für eine Frau wie mich auch die Kinderfrage: ist es wirklich noch vertretbar, Kinder in diese Welt zu setzen?
Haben Sie sich dagegen entschieden?
Valerie Huber: Am Ende des Tages sind das Wichtigste im Leben immer noch die Beziehungen, die Menschen und das eigene Glück, das man nicht opfern darf, deshalb wäre es natürlich etwas absolut Schönes, Kinder zu bekommen. Wer weiß, mal schauen…
Sie leben auf der einen Seite ein glamouröses Schauspielerinnenleben – auf der anderen Seite sind Sie sehr aktiv bei UNICEF. Wie schwierig ist es, diese zwei Seiten zu verbinden?
Valerie Huber: Ich glaube, ich brauche beide Seiten, um die jeweils andere auszugleichen. Ich liebe meinen Beruf und betrachte es als großes Privileg, diesen ausüben zu dürfen. Aber ich brauche auf der anderen Seite auch die Auseinandersetzung mit den Weltgeschehnissen und möchte die Plattform, die ich durch die Schauspielerei habe, nutzen, um wichtige Inhalte, wie die von UNICEF, hinauszutragen. Ich brenne für diese Arbeit für Kinder in Afrika und könnte auch nicht ohne diese Balance.
Welche Erfahrung im Zuge Ihrer Arbeit für UNICEF war die beeindruckendste für Sie?
Valerie Huber: Ganz klar der Besuch in Malawi, wo wir Projekte für junge Frauen besucht haben. Das ist für mich wahnsinnig erfüllend, vor Ort zu sehen, dass das Geld wirklich ankommt, richtig genutzt wird und dass eine kleine Spende wirklich konkret helfen kann. Und der Kreis schließt sich auch quasi: Ich bin in Afrika aufgewachsen – dass ich jetzt wieder hinkommen darf und irgendwie wenn auch nur bescheiden beitragen kann, ist etwas Wunderschönes für mich.
Sie haben die ersten sieben Jahre Ihres Lebens in Afrika verbracht – hat das Ihre Sichtweise auf das Leben beeinflusst?
Valerie Huber: Ich glaube, ich habe dort sehr früh eine tiefe Menschlichkeit kennengelernt. Das war natürlich die Sicht durch Kinderaugen, Afrika hat auch seine dunklen Seiten – aber dadurch habe ich auch sehr früh gelernt, was soziale Ungerechtigkeit bedeutet und wie sehr der Zufall, wo wir geboren sind, das Leben beeinflusst. Für mich waren alle Menschen immer schon gleich und ich habe deshalb heute wenig Toleranz für Rassismus und Ausländerfeindlichkeit.
In Ihrem Buch schreiben Sie, dass Sie sich mittlerweile eher bei den Demonstrant:innen als auf dem Opernball sehen. Gehen Sie also heuer auf keinen Ball?
Valerie Huber: Ich war heuer sogar schon auf einem Ball. Ein Ball ist ein wunderschönes Erbe unserer Wiener Kultur – nur weil man aktivistisch tätig ist, heißt das nicht, dass man so ein kulturelles Ereignis nicht mitnehmen kann. Ob ich wieder auf den Opernball gehen würde? Wahrscheinlich nein. Würde ich auf den Akademikerball gehen? Nein! Ich glaube, es ist ein Unterschied, ob das ein normaler Ball ist oder einer, auf dem sich Spitzenmanager Logen für 30.000 Euro kaufen. Das gilt es, meiner Meinung nach, immer noch zu kritisieren, wenn es im Land immer noch Armut gibt.
Leichtigkeit als Gegenmittel zu FOMO – was sind Ihre Tipps, damit es klappt?Valerie Huber: Ich glaube, wir müssen der Entfremdung uns selbst und unseren Mitmenschen gegenüber entgegenwirken. Es hilft, in die Natur zu gehen, sich dort zu erden und sich mit der Umwelt zu verbinden. Sich bewusst aus dem höher, schneller, weiter Gedanken rauszunehmen, Abstand zu gewinnen und wieder zu realisieren, was wirklich zählt. Wir sind zu digitalen Monstern geworden, die nicht mehr im Moment sein zu können. Meine Eltern wohnen im Salzkammergut – wenn ich ein, zwei Tage bei ihnen bin, spüre ich sofort eine Leichtigkeit und bin wieder komplett aufgeladen.