Die bisher alljährlichen Pride-Paraden, bei denen Menschen für die Rechte nicht heterosexueller Lebensentwürfe demonstrieren, sollen nach dem Willen der Regierung in Ungarn bald der Vergangenheit angehören. 

Dem Parlament lag am Montag ein Gesetzesvorschlag des Regierungslagers vor, der auf ein Verbot der Veranstaltung abzielt. Eine Verabschiedung ist sicher, weil die rechtspopulistische Regierung von Viktor Orbán im Parlament über eine Zweidrittelmehrheit verfügt.

Es galt als wahrscheinlich, dass das Gesetz bereits am morgigen Dienstag zur Abstimmung kommt, da das Parlament es im Eilverfahren beschließen will. Der Budapester Bürgermeister Gergely Karácsony kündigte Widerstand an: “Es wird eine Pride in Budapest geben.” Der zur links-grünen Opposition gehörende Politiker schrieb auf Facebook: “Budapest lässt diejenigen, die den Mut haben und hatten, für ihre Selbstachtung, ihre Gemeinschaft, ihre Freiheit und für die Macht der Liebe einzustehen, nicht im Stich. Es wird eine Pride geben. Es kann sein, dass sie größer wird, als je zuvor.”

Orbán hatte das Verbot bereits im Februar bei seiner jährlichen Rede an die Nation angedeutet: “Die Organisatoren der Pride sollten sich nicht um die Vorbereitung des diesjährigen Umzugs bemühen. Es wäre verschwendete Zeit und Geld.”

Gesichtserkennungs-Software gegen Pride-Teilnehmer

Für den Fall, dass die Pride-Parade trotz eines Verbots stattfinden würde, drohen als Strafe zunächst nicht bezifferte Geldbußen. Medien mutmaßten aufgrund der Bußgelder bei Ordnungswidrigkeiten, dass der Höchstbetrag bei 200.000 Forint (rund 500 Euro) liegen werde. Dem Entwurf zufolge sollen Organisatoren und Teilnehmer bestraft werden können. Zur Identifizierung von Teilnehmern solle die Benutzung einer Gesichtserkennungs-Software zulässig sein, heißt es in dem Entwurf.

Formell handelt es sich bei dem Entwurf um eine Ergänzung des Versammlungsgesetzes, die vorsieht, dass Versammlungen das Kinderschutz-Gesetz nicht verletzen dürfen. Die Pride-Parade wird darin bisher nicht explizit genannt, sie ist jedoch mit diesem Entwurf gemeint. Bereits seit 2021 verbietet in Ungarn eine als Kinderschutzgesetz bezeichnete Regelung Kindern und Jugendlichen den Zugang zu Informationen über nicht heterosexuelle Lebensformen. Entsprechende Bücher, Filme und andere Medien dürfen demnach nicht für Minderjährige zugänglich sein.

Demonstration in Wien am 20. März

In Österreich protestierten die SPÖ, die Grünen, die Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien sowie das Organisationsteam der Vienna Pride gegen die Gesetzespläne. Sie kündigten zudem eine Demonstration vor der ungarischen Botschaft in Wien für den 20. März um 19 Uhr an. “Das Demonstrationsrecht ist eines der wichtigsten Instrumente einer Demokratie. Dass der LGBTIQ-Community in Ungarn das Recht genommen werden soll, für ihre Belange zu demonstrieren, ist untragbar und ein eindeutiger Angriff auf die Community, die Versammlungsfreiheit und die freie Meinungsäußerung”, so Ann-Sophie Otte, Obfrau der HOSI. David Stögmüller, LGBTIQ+-Sprecher der Grünen, rief die EU-Kommission auf, “umgehend zu handeln und ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn einzuleiten, sobald das Gesetz beschlossen ist. Die EU muss hier dringend handeln”.

SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner betonte: “Wenn ein (EU-)Mitgliedsland die Grundfesten unseres Zusammenlebens, wie Vielfalt und Meinungsfreiheit, dermaßen mit Füßen tritt, dann kann dieser Staat nicht mehr als Demokratie bezeichnet werden!” Vienna-Pride-Organisatorin Katharina Kacerovsky-Strobl lud wiederum die Community-Organisationen aus Ungarn sowie Freundinnen und Freunde zur Vienna Pride ein, die heuer von 31. Mai bis 15. Juni stattfindet. Die Regenbogenparade zieht am 14. Juni über die Ringstraße.

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