Die Unterstützung der Österreicherinnen und Österreicher für die EU-Mitgliedschaft des Landes ist in einer neuen Umfrage auf den zweitniedrigsten Wert seit dem Beitritt vor 30 Jahren gesunken.
Nur 60 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass Österreich Mitglied der Europäischen Union bleiben soll, ergab eine am Samstag veröffentlichte Erhebung der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE). Nur im Sommer 2008 gab es mit 59 Prozent einen niedrigeren Wert.
Noch im Juni hatten 76 Prozent der Befragten Unterstützung für die EU-Mitgliedschaft geäußert, was von ÖGfE-Generalsekretär Paul Schmidt als Reaktion auf den FPÖ-Sieg bei der Europawahl gedeutet wurde. Während sich damals nur 17 Prozent als EU-Austrittsbefürworter deklarierten, sind es nun 25 Prozent. Der Anteil derjenigen, die keine Angabe machten, stieg von 7 auf 15 Prozent.
Zweitniedrigster Wert
Die Unterstützung der EU-Mitgliedschaft entspricht nun genau dem Wert des Beitrittsmonats Jänner 1995. In den insgesamt 72 Befragungen seit dem Beitritt wurde nur noch im April 2016 – zwei Monate vor dem Brexit-Referendum in Großbritannien – eine so niedrige Unterstützung gemessen. Der historische Tiefststand aus dem Jahr 2008 (59 Prozent) fiel mit einer heftigen innenpolitischen Debatte über die Ratifizierung des EU-Vertrags von Lissabon zusammen.
“Die Vielzahl an Problemen und damit einhergehende Verunsicherung machen auch vor der heimischen EU-Stimmung nicht halt”, kommentierte Schmidt das aktuelle Umfrageergebnis. “Nicht alle Bevölkerungsgruppen sehen sich als Gewinner der Integration und in die Beurteilung der derzeitigen Situation der EU mischen sich Sorgen und Unzufriedenheit.”
Schmidt betonte zugleich, dass die Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft im Durchschnitt der vergangenen 30 Jahre bei 70 Prozent liege, während durchschnittlich 22 Prozent für einen EU-Austritt waren. Die höchste Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft fand sich im November 1999 (82 Prozent), der stärkste Austrittswunsch wurde im Juni/Juli 2008 (33 Prozent) registriert.
Identifikation gestiegen
Die aktuelle Umfrage zeigt, dass die Identifikation mit Europa gestiegen ist. Mittlerweile würden sich nämlich 47 Prozent der Befragten als “Österreicher:in und Europäer:in” sehen, um 13 Prozentpunkte mehr als vor fünf Jahren. Umgekehrt sei der Anteil derjenigen, die sich “nur als Österreicher:in” sehen, um 18 Prozentpunkte auf 43 Prozent gesunken. 73 Prozent finden, dass sich die Euro-Einführung für Österreich positiv ausgewirkt habe, und 70 Prozent finden das Ende von Pass- und Grenzkontrollen als positiv für Österreich, bei den EU-Erweiterungen sind 52 Prozent dieser Meinung.
Gleichwohl sehen 71 Prozent der Befragten die EU als “schwach” an, 61 Prozent empfinden sie als “unsicher” und 54 Prozent als “unsozial”. 55 Prozent sind pessimistisch, was die Zukunft der Europäischen Union angeht. Das EU-Stimmungsbild in Österreich sei somit “durchwachsen”, bilanzierte Schmidt. “Um dies wieder zum Besseren zu wenden, brauchen wir eine Zukunftserzählung, die Zuversicht vermittelt und Vertrauen schafft sowie ein Europa, das diese im Sinne der Menschen, zur Steigerung von Sicherheit und Wohlstand, angehen und umsetzen kann”, so der ÖGfE-Generalsekretär.
Die Online-Umfrage wurde vom 2. bis 5. Dezember vom Meinungsforschungsinstitut market im Auftrag der ÖGfE durchgeführt. Befragt wurden 1.000 Personen zwischen 16 und 80 Jahren, die repräsentativ für Alter, Geschlecht, Region und Bildung sind. Die statistische Schwankungsbreite beträgt +/- 3,16 Prozent.