Der US-Präsident will die Hinhaltetaktik des Kreml-Chefs nicht mehr akzeptieren.
Zum Abschluss eines zweitägigen Treffens in Brüssel sind die Außenminister der NATO-Staaten am Freitag zu einem Austausch mit EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas zusammengekommen. Mehrere europäische NATO-Länder warfen Russland dabei vor, die Bemühungen der USA für eine Waffenruhe in der Ukraine zu torpedieren. Auch die USA verlieren laut NATO-Krisen zunehmend die Geduld mit Russland.
US-Außenminister Marco Rubio machte bei einem Bündnistreffen in Brüssel deutlich, dass Präsident Donald Trump die aktuelle Hinhaltetaktik von Russlands Präsident Wladimir Putin vermutlich nicht mehre lange akzeptieren werde. Es gehe dabei eher um „Wochen als um Monate“, ergänzte er nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen des Treffens. Unklar blieb allerdings, wie die USA in dem Fall reagieren würden, dass Putin seinen Kurs nicht ändert. Als Optionen gelten neue US-Sanktionen gegen die russische Wirtschaft, aber auch neue Waffenhilfen für die Ukraine.
Trump versucht im Krieg Russlands gegen die Ukraine seit Wochen eine Lösung zu vermitteln. Er hat mehrfach zu verstehen gegeben, dass dies im Eigeninteresse der USA liege und für sein Land wirtschaftlich von Vorteil wäre. Eine von Trump vorgeschlagene 30-tägige Waffenruhe ohne Vorbedingungen hat Putin aber abgelehnt. Als Minimalkonsens wurde vereinbart, Objekte der Energieversorgung von Angriffen auszunehmen – was in der Praxis aber nicht klappt, wie sich beide Kriegsparteien vorwerfen.
Verständnis für US-Position aus Europa
Mehrere europäische Alliierte äußerten am Freitag bei dem Außenministertreffen Verständnis dafür, dass Trump nun wohl die Geduld verliert. Russland schulde den USA eine Antwort, sagte etwa der Franzose Jean-Noël Barrot.
Auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock kritisierte „leere Worte und Versprechen“ seitens Moskau. Die Angebote Putins für Verhandlungen seien „nichts als leere Versprechungen“. Sie warf dem russischen Staatschef vor, „auf Zeit zu spielen, indem er immer neue Forderungen stellt“.
Der britische Außenminister David Lammy betonte, Putin „verschleiert weiterhin die Lage und verzögert den Prozess“. Russlands Präsident könnte einer Waffenruhe zustimmen, „bombardiert jedoch weiterhin die Ukraine, ihre Zivilbevölkerung und ihre Energieversorgung. Wir durchschauen Sie, Wladimir Putin, wir wissen, was Sie tun“, sagte Lammy.
Kallas: USA beachten in Gesprächen mit Russland rote Linien
Die kanadische Außenministerin Melanie Joly forderte, eine Frist für Russlands Antwort auf das Waffenstillstandsangebot festzulegen. Die EU-Außenbeauftragte Kallas äußerte sich zuversichtlich, dass die USA in den Gesprächen mit Russland die Positionen der Ukraine und Europas respektierten. Außenminister Marco Rubio habe zugesichert, keine Zugeständnisse zu machen, die rote Linien überschritten, sagt Kallas bei dem NATO-Treffen.
Putin hatte im März einen US-Vorschlag für eine vollständige 30-tägige Waffenruhe abgelehnt, nachdem die Ukraine ihre Zustimmung signalisiert hatte. Die Kriegsparteien einigten sich dann auf eine begrenzte Pause bei Angriffen auf die Energieinfrastruktur des jeweils anderen Landes. Beide beschuldigen sich gegenseitig, diese Vereinbarung zu verletzen.
Die Außenministerinnen und Außenminister der NATO hatten am Donnerstag zusammen mit ihrem ukrainischen Kollegen Andrij Sybiha über die Lage in der Ukraine beraten. Baerbock sprach von einem „Treffen der Geschlossenheit“ und der „klaren Bekenntnisse“ mit weiteren Zusagen zur finanziellen Unterstützung Kiews. „Eine europäische Solidarität in dieser Form für die Ukraine hat es aus meiner Sicht in den letzten Jahren so noch nicht gegeben“, betonte sie.
NATO-Außenminister beraten über Aufrüstung
Thema der Beratungen der NATO-Außenminister soll am Freitag auch der Beitrag der Europäischen Union zu den aktuellen Aufrüstungsbemühungen sein. Geplant sind etwa EU-Kredite in Höhe von 150 Milliarden Euro sowie die Nutzung einer Sonderregel, die es erlaubt, Verteidigungsausgaben von den strengen EU-Schuldenregeln auszunehmen. So sollen allein in den kommenden vier Jahren insgesamt 800 Milliarden Euro mobilisiert werden.
Die Hoffnung dabei ist auch, US-Außenminister Rubio von der Glaubwürdigkeit der europäischen Aufrüstungsbemühungen zu überzeugen. Dessen Präsident Donald Trump hatte den Europäern zuletzt immer wieder vorgeworfen, sich zu sehr auf den Schutz der USA zu verlassen und selbst deutlich zu wenig für ihre Verteidigung zu tun.
Trump fordert, dass alle NATO-Staaten künftig fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung ausgeben sollten. Die USA lagen zuletzt bei einer BIP-Quote von rund 3,4 Prozent, die Europäer und Kanada im Schnitt nur bei 2,0 Prozent.