Bei der US-Präsidentenwahl haben sich die beiden Kontrahenten Kamala Harris und Donald Trump erste Wahlleute sichern können.
US-Medien berichteten in der Nacht auf Mittwoch, dass Vermont an Harris sowie Kentucky und Indiana an Trump gegangen sind. Die Mitteilung erfolgte unmittelbar nach Wahlschluss in den drei Staaten. Vermont gilt als Hochburg der Demokraten, die beiden anderen Staaten sind traditionell republikanisch.
Trump setzte sich mit 19 zu 3 Elektorenstimmen in Führung. Für einen Sieg sind 270 Stimmen im Wahlgremium erforderlich. Der US-Präsident wird nicht direkt gewählt, sondern von insgesamt 538 Wahlleuten. Diese werden in den 50 Bundesstaaten und dem Hauptstadtdistrikt bestimmt, wobei mit Ausnahme der Staaten Maine und Nebraska jeweils der regionale Wahlsieger alle Wahlleute erhält. Offen war das Rennen laut Umfragen nur in den sieben Swing States Wisconsin, Michigan, Pennsylvania, North Carolina, Georgia, Arizona und Nevada. Vor vier Jahren hatte in diesen Staaten jeweils der Demokrat Joe Biden gewonnen.
Teilergebnisse aus Kentucky und Indiana zeigten weitgehend dieselben Kräfteverhältnisse wie im Duell zwischen Trump und seinem damaligen demokratischen Gegegenkandidaten Biden vor vier Jahren. Harris schien aber in einigen urbanen Zentren der beiden tiefroten Staaten besser abzuschneiden als Biden.
Umfragen hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden Kandidaten erwarten lassen. Eine Nachwahlbefragung des Instituts Edison Research ließ Vorteile für Harris erkennen. Sie zeigte mit 53 Prozent einen deutlicheren Frauen-Überhang in der Wählerschaft als vor vier Jahren (52 Prozent), was für die Demokratin sprach. 48 Prozent haben eine positive Meinung von Harris, 44 Prozent eine positive Meinung von Trump. Für 35 Prozent der Wähler war die Demokratie das wichtigste Thema bei der Stimmabgabe, gefolgt von der Wirtschaft mit 31, Abtreibung mit 14, Einwanderung mit elf und der Außenpolitik mit vier Prozent.
Detailergebnisse aus den Swing States zeigten, dass Harris in Pennsylvania, North Carolina, Georgia, Michigan und Wisconsin höhere Beliebtheitswerte als Trump. Lediglich in Nevada und Arizona war es umgekehrt.
Viele Wähler gaben schon vor dem Wahltag ihre Stimme ab. Nach Angaben des “Election Lab” der Universität Florida stimmten rund 83 Millionen US-Bürger per Brief oder in vorher geöffneten Wahllokalen ab. Das entspricht mehr als der Hälfte der 2020 bei der Präsidentenwahl insgesamt abgegebenen Stimmen.
Trump stimmte in Palm Beach im Bundesstaat Florida in der Nähe seines Wohnsitzes ab. “Ich bin sehr zuversichtlich. Wir sind mit einem sehr großen Vorsprung reingegangen”, sagte er vor Reportern. Der Wahlausgang werde alles andere als knapp sein, prognostizierte er. Trump kam mit seiner Frau Melania in das Wahllokal. Er erklärte, dass er im Fall seiner Wahlniederlage diese unter der Bedingung eines fairen Wahlverlaufs anerkennen würde: “Wenn ich eine Wahl verliere, wenn es eine faire Wahl ist, wäre ich der erste, der das anerkennt.” Doch schon kurze Zeit später säte er in sozialen Medien Zweifel am Wahlverlauf, nachdem es in der Metropole Philadelphia Probleme bei Wahlmaschinen gegeben hatte. “Es wird viel über massiven BETRUG in Philadelphia geredet. Die Strafverfolgungsbehörden kommen!!!”, schrieb er auf Truth Social.
Vizepräsidentin Harris verbrachte den Wahltag teils in ihrer Residenz in der US-Hauptstadt Washington. Dem Radiosender KDKA sagte die 60-Jährige, sie wolle im Kreise ihrer Familie Zuhause Abendessen und später zu einer demokratischen Wahlparty an ihrer ehemaligen Universität gehen. “Ich werde an meiner Alma Mater sein, der Howard University”, so Harris.
Bei der Wahl steht viel auf dem Spiel: Die innenpolitische Stabilität der USA sowie das ohnehin wackelige Gleichgewicht der Weltpolitik. Die Demokratin Harris könnte die erste Frau an der Spitze der USA werden. Trump könnte nach seiner Abwahl vor vier Jahren erneut ins Weiße Haus einziehen. Bidens 60-jährige Vizepräsidentin steht inhaltlich eher für Kontinuität und für eine stabile Außenpolitik der Weltmacht. Der Ex-Präsident hingegen ist stolz auf seinen unberechenbaren und aggressiven Kurs.
Der Ausgang der Wahl wurde nicht nur mit Spannung, sondern auch mit Sorge vor möglichen Ausschreitungen erwartet. Die Sicherheitsvorkehrungen im ganzen Land wurden hochgefahren – zunächst gab es aber nur punktuell Zwischenfälle.
Zwischenzeitlich sorgten Bombendrohungen unter anderem im besonders umkämpften “Swing State” Georgia für Unterbrechungen beim Wählen. Die US-Bundespolizei FBI sah eine Spur nach Russland: “Dem FBI sind Bombendrohungen gegen Wahllokale in mehreren Bundesstaaten bekannt, von denen viele von russischen E-Mail-Domänen zu stammen scheinen. Bisher konnte keine der Drohungen als glaubwürdig eingestuft werden”, hieß es in einer Mitteilung. US-Geheimdienste hatten am Montag gewarnt, dass Russland wie schon in den Tagen zuvor versuchen könnte, die Abstimmung zu beeinflussen. Außerdem warnte das FBI vor manipulierten Videos, die angeblich von der US-Bundespolizei stammen sollen. In einem sei von Terrorgefahr an Wahllokalen die Rede und Amerikaner würden aufgefordert, per Briefwahl abzustimmen. In einem anderen Video gehe es um vermeintlichen Wahlbetrug durch Insassen von fünf Gefängnissen, hieß es. Beide Videos seien nicht authentisch, erklärte die Behörde.
Am Besucherzentrum des US-Kapitols in Washington nahm die Polizei einen Mann fest, der nach Benzin roch und eine Leuchtpistole bei sich hatte. Das teilte die Kapitol-Polizei auf der Plattform X mit. Der Mann sei bei der Sicherheitskontrolle aufgefallen. Im Besucherzentrum werde es während der Ermittlungen nun vorläufig keine Touren mehr geben. Das Kapitol in der US-Hauptstadt ist der Sitz des Kongresses, also der beiden Kammern des US-Parlaments. Dort befinden sich das Repräsentantenhaus und der Senat.
Viele US-Amerikaner fürchten gewalttätige Zwischenfälle rund um die Wahl. Trump antwortete auf eine entsprechende Frage, dass er nicht mit Ausschreitungen seiner Anhänger rechne. “Natürlich wird es keine Gewalt geben”, sagte er. Das müsse er seinen Unterstützern auch nicht explizit sagen. “Meine Unterstützer sind keine gewalttätigen Menschen”, sagte der 78-Jährige. Auch er selbst wolle keine Gewalt. Trump hatte in den vergangenen Wochen immer wieder Zweifel an der Integrität der Wahl gesät und von angeblichem Betrug der Demokraten gesprochen.
Seine Wahlniederlage 2020 hatte Trump nie eingestanden. Am 6. Jänner 2021 hatte er seine Anhänger stattdessen durch unbelegte Behauptungen aufgewiegelt, dass ihm der Wahlsieg durch massiven Betrug gestohlen worden sei. Ein gewalttätiger Mob stürmte daraufhin das Kapitol, in dem der Sieg des Demokraten Joe Biden formal bestätigt werden sollte. Infolge der Krawalle kamen fünf Menschen ums Leben.