Chronische Herzinsuffizienz ist gefährlicher als viele Krebserkrankungen.

Ein möglichst frühes Erkennen beginnender akuter Krisen gelingt offenbar gut mit einem tragbaren Gerät, das unter anderem den Flüssigkeitshaushalt in der Lunge wie mit einem Radar überwacht. Die Zahl notwendiger Spitalsaufnahmen lässt sich damit um knapp 40 Prozent senken, hat eine Studie unter Mitwirkung von Wiener Experten ergeben.

Ein Wissenschaftlerteam mit Beteiligung von Kardiologen der Klinik Favoriten in Wien und Diana Bonderman als Co-Autorin hat in einer wissenschaftlichen Studie untersucht, wie sich die Verwendung des tragbaren Überwachungssystems eines US-Medizintechnikunternehmens (ZOLL HFMS) auswirkt. Es handelt sich dabei um ein nicht invasives System, das eine neue Radiofrequenz-Technologie verwendet, um Veränderungen im Flüssigkeitsgehalt in der Lunge zu messen.

Rund 160.000 Menschen betroffen

Bei chronischer Herzschwäche – davon sind in Österreich geschätzt rund 160.000 Menschen betroffen – kommt es oft immer wieder zu einer sogenannten Dekompensation mit weitgehendem Versagen der Pumpfunktion des Herzens. Neuerliche Spitalsaufnahmen, potenziell tödliche Herzrhythmusstörungen etc. können die Folge sein.

Wichtig ist, dass sich Krisen oft langsam aufbauen, bevor klassische Symptome registriert werden: Die Herzleistung nimmt ab, die Aktivierung des sympathischen Nervensystems nimmt zu, welches das kranke Herz noch mehr antreibt, es kommt zu Flüssigkeitsansammlung in der Lunge, Gewichtszunahme und schließlich zu Kurzatmigkeit und so starkem Leistungsverlust, dass eine (neuerliche) Hospitalisierung unvermeidlich wird. Das Herz kann nicht mehr genug Blut für die Sauerstoffversorgung des Körpers pumpen. Allein in den USA müssen jährlich rund eine Million Menschen deshalb ins Krankenhaus. Etwa ein Drittel der Herzinsuffizienz-Patienten kommt nach einem ersten Krankenhausaufenthalt binnen drei Monaten ein zweites Mal ins Spital.

Erste Anzeichen für Verschlechterung registriert

Mit dem Monitoring-System sollen die ersten Anzeichen für eine Verschlechterung registriert und an die jeweilige Klinik übermittelt werden, damit schnell die Behandlung so angepasst werden kann, dass es gar nicht zu einer Krise kommt. Neben Veränderungen des Flüssigkeitsgehalts in den Lungen mit einem aus Messwerten abgeleiteten Index registriert das auf der Haut am Oberkörper seitlich aufklebbare Pflaster mit einem kleinen Monitor auch die Herz- und Atemfrequenz, körperliche Aktivität und sogar ein EKG. Die Informationsübermittlung erfolgt per Handy.

In die Studie, die vor kurzem online in einer Veröffentlichung der Zeitschrift der Amerikanischen Akademie für Kardiologie (JACC; doi: 10.1016/j.jchf.2024.07.022) erschienen ist, wurden insgesamt 522 Herzinsuffizienz-Patienten in 93 Zentren aufgenommen, die zehn Tage zuvor wegen Herzinsuffizienz aus dem Spital entlassen worden waren und innerhalb der vorangegangenen sechs Monate bereits einmal ins Krankenhaus gekommen waren.

“Binnen 90 Tagen kam es zu 276 neuerlichen Spitalsaufnahmen”

Alle Probanden erhielten die kleinen Geräte. Bei etwa der Hälfte gab es bloß eine Registrierung der Daten, bei der zweiten Hälfte wurde die Therapie gemäß den gewonnenen Informationen gegebenenfalls angepasst. “Binnen 90 Tagen kam es zu 276 neuerlichen Spitalsaufnahmen von 189 Probanden. 108 dieser Hospitalisierungen waren auf Herzinsuffizienz bei 82 Probanden zurückzuführen”, schrieben die Experten.

Das Hauptergebnis, so die Wissenschafter: “Die Patienten jener Gruppe, bei denen die (HFMS-)Daten zur Therapiesteuerung eingesetzt wurden, hatten im Vergleich zu der Kontrollgruppe innerhalb von 90 Tagen eine um 38 Prozent geringere Hospitalisierungsrate.” Das bedeutete absolut eine Verringerung um sieben Prozentpunkte. Bei Verwendung der Geräte bei rund 14 Patienten wurde ein Spitalsaufenthalt vermieden. Auch wenn die Krankenhausaufenthalte, die Inanspruchnahme von Notfallambulanzen und die Todesfälle zusammen ausgewertet wurden, zeigte sich ein um 38 Prozent geringeres Risiko (absolut mit minus neun Prozentpunkte).

Die Frage, wie man Menschen mit chronischer Herzinsuffizienz langfristig am besten betreut, wird seit langem diskutiert. Zum Einsatz kommt zum Beispiel speziell ausgebildetes mobiles Krankenpflegepersonal, das die Betroffenen regelmäßig besucht. Eine andere Möglichkeit ist die Telemedizin mit Systemen, bei denen der Betroffene täglich sein Gewicht, seine Blutdruck- und Herzfrequenzwerte, Medikamentengebrauch und sein Befinden einträgt und dann an ein Zentrum schickt.

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