“Seit langer Zeit warnen wir davor, die Rolle Russlands und die steigende Gefahr eines Krieges auf dem Balkan weiter zu unterschätzen”, sagt die Außenministerin des Kosovos, Donika Gërvalla-Schwarz.

Prishtina (Pristina)/Belgrad (APA/dpa/Reuters). Bei einer Explosion im Kosovo ist am Freitagabend ein Kanal beschädigt worden, der zwei Kohlekraftwerke des Landes mit Wasser versorgt. Berichte über Verletzte gibt es keine, auch die Ursache der Explosion ist unklar. “Dies ist ein krimineller und terroristischer Angriff mit dem Ziel, unsere kritische Infrastruktur zu zerstören”, sagte Kosovos Ministerpräsident Albin Kurti in einer TV-Ansprache. Kurti beschuldigte serbische Banden des Angriffs, ohne jedoch Beweise zu liefern.

Der EU-Botschafter für den Kosovo, Aivo Orav, verurteilte die Tat. Die Partei der ethnischen Serben des Kosovo, Srpska Lista, verurteilte die Beschädigung des Kanals und verlangte eine Untersuchung durch die NATO-geführte Friedenstruppe KFOR und die EU-Rechtsstaatsmission EULEX.

Schwere Vorwürfe Kurtis gegen serbischen Präsidenten

Kurti erhob schwere Vorwürfe gegen den serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic, die hinter der Tat stehenden kriminellen Strukturen unterstütze. Es gebe von serbischer Seite “das Interesse, die Bereitschaft und die Fähigkeit, solche Angriffe und Schäden anzurichten”, wofür auch der Einsatz großer Sprengstoffmengen im aktuellen Fall spreche.

Kurti verwies auch auf Milan Radoicic, den kosovo-serbischen Geschäftsmann, der sich zur Urheberschaft eines schweren Zwischenfalls vom September 2023 bekannt hatte. Damals hatte ein 30-köpfiger, schwer bewaffneter serbischer Kommandotrupp im nordkosovarischen Banjska bei Mitrovica Stellung bezogen und sich Kämpfe mit der kosovarischen Polizei geliefert. Radoicic flüchtete nach Serbien und wurde dort nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen.

Serbiens Präsident Vucic bezeichnete die Anschuldigungen als unbegründet, “voreilig und ohne Beweise”, wie seine Partei mitteilte. Dies sei verantwortungslos und gefährde Frieden und Stabilität in der Region. Er verlangte eine unparteiische Untersuchung unter Beteiligung der internationalen Partner.

Polizei führte Großrazzia durch

Im Ort Zubin Potok nahe der Explosion führte Kosovos Polizei eine Großrazzia durch. Auch im Ort Zvecan wurde die Polizeipräsenz verstärkt, nachdem Unbekannte dort die Polizeistation und ein Gemeindegebäude mit Handgranaten angegriffen hatten. Medien berichteten über mehrere Festnahmen.

Lokale Medien zeigten Bilder von zerstörten Teilen des Kanals und von einer starken Polizeipräsenz am Ort. Faruk Mujka, der Leiter der zuständigen Wasserbehörde, sagte, ein Sprengsatz sei in den Kanal geworfen worden und habe die Wand einer Brücke beschädigt. Nach vorangegangenen Anschlägen mit Handgranaten auf eine Polizeistation und ein Gemeindegebäude im zumeist von ethnischen Serben bewohnten Norden des Landes hatte die Polizei am Freitag verstärkte Sicherheitsvorkehrungen angekündigt. Ob die Vorfälle in Zusammenhang stehen, ist jedoch nicht klar.

Gërvalla-Schwarz: Angriff im “Stile Russlands”

Kosovos Außenministerin Donika Gërvalla-Schwarz spricht gegenüber “Bild” von einem Angriff im “Stile Russlands auf die zivile Infrastruktur der Ukraine”. Sie warnt, dass “Serbien im September 2023 mit seiner gescheiterten paramilitärischen Invasion mitsamt Alarmbereitschaft der serbischen Armee” unter Beweis gestellt habe, “wozu das eng mit Moskau verbundene Regime in Belgrad inzwischen bereit ist”.

Gërvalla-Schwarz sagt weiter: “Seit langer Zeit warnen wir davor, die Rolle Russlands und die steigende Gefahr eines Krieges auf dem Balkan weiter zu unterschätzen”. Die westlichen Partner würden der Möglichkeit eines weiteren Krieges in Europa “nicht entschieden genug entgegentreten”.

Anhaltender Streit zwischen Kosovo und Serbien

Zwischen Kosovo und dem Nachbarn Serbien gibt es immer wieder Streit. Kosovo hatte 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt. Das wird weder von der Regierung in Belgrad noch von der serbischen Minderheit im Kosovo anerkannt. Über 90 Prozent der Bevölkerung des Kosovo sind ethnische Albaner. Im Norden des Landes stellen allerdings die Serben die Mehrheit. Überfälle sorgen immer wieder für Spannungen zwischen den Nachbarn. Beide wollen in die EU.

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