Im Poker um den künftigen österreichischen EU-Kommissar wird es Ernst – und tricky.  

Denn dass die ÖVP trotz Verlustes des ersten Platzes auf den Posten pocht, hat Kanzler Karl Nehammer bereits zu Protokoll gegeben. Die ÖVP beruft sich dabei auf einen für alle Beteiligten eher peinlichen „Sideletter“, den 2019 Nehammer-Vorgänger Sebastian Kurz mit Grünen-Chef Werner Kogler abgeschlossen hatte und der an die schlimmsten Zeiten koalitionären Postenschachers erinnert.
Kommissar für Wettbewerbsfähigkeit?


Doch Nehammer will unbedingt den populären Finanzminister Magnus Brunner nach Brüssel schicken. Und der ÖVP-Chef hat die Weichen längst gestellt: Brunner hatte am Freitag vor der EU-Wahl in einigermaßen diskretem Rahmen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen getroffen, ein Kennenlern-Termin also. Und schon ist auch von einem Ressort die Rede: Es soll sich um eine Art Kommissar zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit handeln, inklusive der Energie-Agenden, ist aus der ÖVP zu hören.
Perfekte Wahl. Da wäre der Vorarlberger also die perfekte Wahl, war er doch vor seinem Wechsel ins Finanzministerium Energie-Staatssekretär im Klimaministerium der grünen Ministerin Leonore Gewessler. EU-Ministerin Karoline Edtstadler scheint übrigens aus dem Rennen zu sein, dass sie nicht als Spitzenkandidatin in die EU-Wahl gegangen ist, nimmt ihr der Kanzler übel. Nicht zu unrecht: Mit Edtstadler an der Spitze hätte die ÖVP die Wahl wohl gewonnen.

Alles also auf Schiene?

Da gibt es ein Problem, der grüne Vizekanzler Werner Kogler hat vor der EU-Wahl verkündet, dass er sich nicht mehr an den Sideletter gebunden fühle. Entschieden werde das im Hauptausschuss im Nationalrat, und dass der EU-Kommissar von der ÖVP gestellt werde, sei „kein Naturgesetz“.

Regierung braucht einheitliche Position

In der ÖVP will man nicht glauben, dass die Grünen sich nicht mehr an die Vereinbarung halten, dass jemand gegen Willen der Kanzlerpartei nach Brüssel geschickt wird – unvorstellbar. Dabei hätten die Neos bereits einen abtrünnigen ÖVPler, nämlich Othmar Karas vorgeschlagen, der sicher auch für Grüne und SPÖ vereinbar wäre.
Doch die Kanzlerpartei bleibt auf Brunner-Kurs. Und sie hat mehrere Trümpfe in der Hand. Zum einen MUSS die Regierung zu einer einvernehmlichen Lösung kommen – der Vorschlag geht dann in den Hauptausschuss und wird dort beschlossen. Ohne ÖVP geht also ohnehin nichts.

Und zum anderen hätte die ÖVP den Grünen einiges zu bieten:

Zadic nach Luxemburg als Gegenangebot?

Denn: Im Sideletter ist auch festgelegt, dass die Grünen dafür ebenfalls einen Posten bekommen. Es geht dabei um nichts geringeres als den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Konkret läuft im März 2025 die Amtszeit des österreichischen EuGH-Richters Andreas Kumin aus.

Da hätten die Grünen für die Nachfolge eine mehr als überzeugende Kandidatin aufzubieten. Denn dass Alma Zadic auch in der neuen Regierung Justizministerin wird, gilt als unmöglich. Da wäre doch ein Richter-Posten nicht schlecht. Und mit Maria Berger war schon einmal eine Justizministerin im EuGH tätig. Die Grünen wollen zumindest derzeit nichts dazu sagen: Zadic sei eine ausgezeichnete Justizministerin. Punkt.

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