Deutschland und Frankreich setzen sich dafür ein, die EU-Sanktionen gegen Syrien nach dem Sturz von Machthaber Bashar al-Assad zu lockern. Der französische Außenminister Jean-Noel Barrot erklärte dies Mittwoch früh im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hatte es bereits am Dienstagabend geheißen, es werde “aktiv” darüber diskutiert, “wie wir die syrische Bevölkerung in bestimmten Sektoren von Sanktionen entlasten können”.
Barrot erläuterte, die bestehenden Strafmaßnahmen gegen das Land behinderten die Lieferung von humanitärer Hilfe und stünden dem Wiederaufbau Syriens entgegen. Strafmaßnahmen gegen diejenigen, die unter Assads Führung schwere Verbrechen begangen hätten, sollten allerdings aufrechterhalten werden, verlautete aus dem Berliner Ministerium weiter.
Eine mögliche Lockerung der Sanktionen ist Folge des Treffens von Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock und Barrot mit der neuen syrischen Führung am vergangenen Freitag in Damaskus. Die beiden Minister waren dabei explizit im Auftrag der Europäischen Union im Einsatz. Der besuch hatte freilich auch für Aufsehen gesorgt, weil sich der neue syrische Machthaber Ahmed al-Sharaa weigerte, Baerbock mit Handschlag zu begrüßen. Später wurde die Ministerin in Onlinemedien aus dem Umfeld der HTS laut Medienberichten unkenntlich gemacht. Die Bilder zeigen Baerbock demnach mit den Anführern der Übergangsregierung verpixelt.
Assad gestürzt
Am 8. Dezember hatten Aufständische unter der Führung der islamistischen HTS-Miliz nach einer wenige Tage dauernden Offensive die Kontrolle über Damaskus übernommen und die jahrzehntelange autokratische Herrschaft der Familie Assad beendet. Die in der Vergangenheit mit Al-Kaida und dem Islamischen Staat verbündete HTS demonstriert seitdem Mäßigung und den Willen, sämtliche Gruppen des Vielvölkerstaats Syrien zu respektieren. Sie wird jedoch unter anderem von der EU nach wie vor als Terrororganisation eingestuft.
Im Auswärtigen Amt von Berlin wurde zu den jüngsten Überlegungen allerdings betont, dass solche Entscheidungen von den 27 EU-Staaten einstimmig getroffen werden müssten. Die Außenministerinnen und Außenminister der EU kommen am 27. Jänner zu den nächsten turnusgemäßen Beratungen in Brüssel zusammen.
Wie es mit den Maßnahmen weitergehe, hänge maßgeblich davon ab, wie die neuen Machthaber in Damaskus etwa mit Minderheiten umgingen, hieß es aus dem Auswärtigen Amt weiter. Eine offizielle Stellungnahme der deutschen Bundesregierung lag zunächst nicht vor. Auch die USA hatten am Montag gewisse Syrien-Sanktionen für zunächst sechs Monate ausgesetzt. Dadurch sollen unter anderem die Lieferungen von humanitärer Hilfe erleichtert und Probleme bei der Energieversorgung gelindert werden.