Im Interview mit oe24 spricht ÖVP-Bundeskanzler Christian Stocker über die Regierungsklausur, wie er die Wirtschaft ankurbeln will und was die Regierung plant, um die Asylanträge auf Null zu reduzieren. Und der Kanzler gibt auch private Einblicke. 

oe24: Sie haben am Dienstag die erste Regierungsklausur. Worum geht es da konkret?

CHRISTIAN STOCKER: Wir sind jetzt seit zwei Wochen im Amt und gleich mit großem Gestaltungswillen in die Periode gegangen. Wir haben bereits einige wichtige Maßnahmen auf den Weg gebracht. Wir sehen, dass sich auf internationaler Ebene die Dinge so entwickeln, dass wir uns sehr schnell der wirtschaftspolitischen Lage widmen müssen. Es wird wieder mit Handelsbarrieren gearbeitet und es stehen auch wieder Zölle im Raum. Das alles wird Auswirkungen auf Europa und Österreich haben. Wir haben zur Arbeitsklausur die beiden Wirtschaftsforscher Gabriel Felbermayr vom Wifo und Holger Bonin vom IHS eingeladen, um zu hören, wie diese Entwicklung aus Expertensicht beurteilt wird. Wir werden eine Industriestrategie entwickeln, die dem Rechnung trägt. Der zweite Punkt sind die Energiekosten. Wir haben in der Vergangenheit mit Direktförderungen und Preisstützungen wie der Strompreisbremse Maßnahmen getroffen, die viel gescholten wurden, die aber inflationsdämpfend gewirkt hat. Es geht jetzt darum, den Energiemarkt so zu beeinflussen, dass wir auf längere Sicht günstigere Stromkosten haben. Das ist das Ziel.

oe24: Welche Maßnahmen werden Sie denn noch heuer treffen, um den Wirtschaftsstandort zu stärken?

STOCKER: Natürlich sind wir budgetär eingeengt. Das heißt, wir können nicht so viel tun, wie wir gerne würden. Aber im Rahmen der Möglichkeiten wollen wir für die Wirtschaft auch ein Entlastungspaket auf den Weg bringen. Die Belegabschaffungspflicht bis 35 Euro wurde als kleine Maßnahme dargestellt, aber für manche ist das durchaus eine große Erleichterung. Auch die Anhebung der Pauschalierungen und die Abschaffung der NoVA für Klein-Lkw sind in diesem Paket enthalten. Aber hätten wir gerne mehr. Die Entlastung der Überstunden müssen wir ein wenig nach hinten schieben, bis wir uns die Möglichkeit der Finanzierung erarbeitet haben. Und das Gleiche gilt für die Lohnnebenkostensenkung, die natürlich auf unserer Agenda steht. Aber man muss sich nach der Decke strecken – und das ist aufgrund der budgetären Lage momentan sehr herausfordernd.

oe24: Gehen Sie davon aus, dass das Defizit noch höher ausfallen wird?

STOCKER: Ich kann es zumindest nicht ausschließen. Und daher müssen wir es als Möglichkeit mitbedenken und uns darauf vorbereiten.

oe24: Kommen wir zur Migration: Sie haben angekündigt, die Asylanträge auf Null zu senken. Wie soll das passieren?

STOCKER: Wir haben uns darauf verständigt, dass wir den gemeinsamen Asyl- und Migrationspakt der EU nicht nur unterstützen, sondern weiterentwickeln wollen. Wir wollen, dass Asylverfahren künftig in Drittstaaten möglich sein werden. Wenn das funktioniert, gehen die Anträge im Inland gegen Null. Wenn das nicht gelingen sollte, dann werden wir gegebenenfalls die EU-Notfallklausel in Anspruch nehmen und einen Asylstopp verhängen.

oe24: Wird Österreich auch nach Syrien und Afghanistan abschieben?

STOCKER: Sobald es möglich ist, sicher. Ziel muss sein, dass alle, die in Österreich nicht aufenthaltsberechtigt sind, wieder außer Landes gebracht werden.

oe24: Sie sind jetzt seit 14 Tagen Bundeskanzler. Haben Sie sich schon an die neue Anrede gewöhnt?

STOCKER: Die Verantwortung, die ich als Bundeskanzler für dieses Land trage, die spüre ich in der Arbeit jeden Tag. Aber eine Gewöhnung ist nach 14 Tagen nicht eingetreten.

oe24: Welchem Ihrer beiden Vorgänger fühlen Sie sich eigentlich politisch näher – Karl Nehammer oder Sebastian Kurz?

STOCKER: Die Volkspartei ist eine Familie, wo Persönlichkeiten ganz unterschiedlicher Ausprägung Verantwortung übernommen haben. Jede hat für sich diese Partei und dieses Land geprägt. Und so gesehen ist das keine Frage von lieber, oder weniger lieb. Mit Karl Nehammer habe ich als Generalsekretär sehr eng zusammengearbeitet. Aus der gemeinsamen Zeitnehme ich natürlich viele Erlebnisse mit und die Freundschaft ist dadurch eine sehr intensive geworden. Ich freue mich, dass sie noch immer Bestand hat.

oe24: Wie lange sind Ihre Arbeitstage derzeit?

STOCKER: Meine Arbeitstage sind nicht viel anders als früher. Weil ich nie einen „Nine to Five“-Job hatte.

oe24: Sie pendeln jeden Tag nach Wiener Neustadt. Haben Sie sich mittlerweile im Kanzleramt schon ein Feldbett aufgestellt, wenn es einmal länger wird?

STOCKER: Die Verkehrswege sind gut genug ausgebaut, dass ich das Feldbett bisher nicht benötigt habe.

oe24: Wie geht es Ihrer Familie mit der neuen Rolle?

STOCKER: Also meine Familie hat alle meine beruflichen und politischen Entwicklungen unterstützt und begleitet, so auch jetzt. Natürlich ändert sich jetzt mehr, aber wir sind schon mit ganz unterschiedlichen Situationen zu Rande gekommen.

oe24: Sie werden diese Woche 65 Jahre alt. Da gehen andere in Pension…

STOCKER: Wir haben im Regierungsprogramm vereinbart, dass Arbeiten im Alter attraktiviert wird. Also ich halte mich an unser Regierungsprogramm und arbeite über das gesetzliche Pensionsantrittsalter hinaus.

oe24: Hatten Sie mit Herbert Kickl seit dem Platzen der blau-schwarzen Verhandlungen eigentlich persönlichen Kontakt?

STOCKER: Seither hatten wir keinen persönlichen Kontakt. Wenn es sich ergibt, führe ich natürlich ein Gespräch mit ihm. Herbert Kickl ist der Obmann der größten Oppositionspartei im Parlament, eine parlamentarische Zusammenarbeit ist für viele Vorhaben nötig.

oe24: Sie haben am Wochenende gesagt, dass Sie schon in der Volksschule geraucht haben. War das ernst gemeint?

STOCKER: Ja, das stimmt. Das war damals die Mutprobe, und feig war ich noch nie.

oe24: Sie rauchen noch immer?

STOCKER: Ja, aber keine Zigaretten mehr, nur noch machmal eine Zigarre.

oe24: Werden Sie als Bundeskanzler damit aufhören?

STOCKER: Das habe ich nicht vor.

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