Gespaltene Parteien. Weder SPÖ, noch ÖVP sind derzeit geeinte Parteien. Im Gegenteil: Während etwa ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer sein Nein zu Herbert Kickl und dessen FPÖ aus Überzeugung meint, würden weite Teile von Industrie und Wirtschaft lieber mit Blauen als Roten koalieren – Kickl hin oder her.
Sebastian Kurz und seine ÖVP-Anhänger
In der ÖVP kommt zudem noch der Kreis der Unterstützer von Sebastian Kurz dazu. Der Ex-ÖVP-Kanzler habe null Berührungsängste – er hatte freilich 2019 die Entlassung von Kickl als Innenminister bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen gefordert – mit Kickl und sei vor allem „gegen eine Koalition mit den Sozialdemokraten“, behaupten mehrere in der ÖVP.
Im Hintergrund würde die „Kurz-Partie gegen eine schwarz-rote-pinke Regierung mobil machen“.
Das würden sie maßgeblich etwa durch Karoline Edtstadler versuchen, die sich zuletzt allerdings zurückgezogen hatte und Spielchen – sie würde die Vizekanzlerin von Kickl geben – klar dementiert hat.
Dass Kurz wirklich eine blau-schwarze Koalition anstrebe, bezweifeln wiederum Kenner des einstigen Ober-Türkisen. Er rechne bei einem Scheitern einer Dreier-Koalition eher mit „Neuwahlen und rechnet dann mit dem Ruf seiner Partei“, meint ein einstiger Wegbegleiter. Kurz sei zwar ökonomisch sehr erfolgreich in seinem neuen Leben, aber die „Politik lässt ihn nicht los“.
Sollte Kurz antreten, würde er das mit einer Ansage – „ich bringe Euch die ÖVP-FPÖ-Koalition wieder – machen und glaubt so Erster werden zu können.
Im Moment sind die schwarz-roten Koalitionsverhandlungen aber nicht wegen Kurz mühsam, sondern wegen des Budgets. Zudem ist auch die SPÖ eine zutiefst gespaltene Partei.
SPÖ-Länder eher auf Bremse bei Koalition
Während SPÖ-Chef Andreas Babler – unter seinen Unterstützern wäre das Verständnis für die Ermöglichung eines Kanzler Kickls nicht existent – offenbar ernsthaft eine Koalition mit der ÖVP anstrebt, sind in der roten Welt ähnliche Fliehkräfte unterwegs wie in der ÖVP.
Vor allem das enorme Budgetdefizit scheint der SPÖ in weiten teilen Angst zu machen. „Dann müssen wir Sparpakete beschließen und kriegen die Rechnung dafür in den Bundesländern präsentiert“, sagt ein SPÖ-Spitzenmann.
Dementsprechend könnte nicht nur das Burgenland mit Hans Peter Doskozil – dort wird im Jänner gewählt – gegen eine Regierungsbeteiligung der SPÖ sein, sondern auch ein Teil der Wiener Roten. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, Doris Bures und die Gewerkschaft gelten hingegen als starke Befürworter einer Alternativ-Regierung zu Kickl.
Turbulenzen durch Steiermark-Wahl
Turbulenzen. Allerdings rechnen wohl sowohl ÖVP als auch SPÖ mit größeren Turbulenzen durch die steirische Landtagswahl am 24. November. Dort könnte FPÖ-Landeschef Mario Kunasek mehr als 30 Prozent erreichen und sogar eine blau-rote Koalition zustande bringen.
Das würde freilich Sand ins SPÖ-Getriebe bringen.
In der roten Welt rechnet man, dass „wenn unsere Gespräche scheitern, dann kommt eben Blau-Schwarz“, während ein blauer Stratege meint: „Dann würde Kickl natürlich mit der ÖVP verhandeln, aber sehr hohe Forderungen stellen“. Auch dieser Stratege geht bei einem Scheitern von Schwarz-Rot von Neuwahlen aus, denn „da werden wir noch stärker und ÖVP und SPÖ wären hin“.Außer ÖVP und SPÖ überraschen noch alle.