Der Unbekannte stand regelmäßig vor der Erdgeschoßwohnung der 23-jährigen Frau.
Seit Anfang Juni ist eine junge Frau in Wien-Simmering von einem ihr völlig unbekannten Mann belästigt worden. Eines Tages klopfte er um 8.00 Uhr gegen das Schlafzimmerfenster ihrer im Erdgeschoß gelegenen Wohnung und ging bis 23.00 Uhr nicht mehr weg. Als der Unbekannte immer wieder auftauchte, obwohl die 23-Jährige die Polizei verständigt und ihn mehrfach entfernen hatte lassen, erstattete sie Anzeige. Am Dienstag wurde am Landesgericht gegen den 22-Jährigen verhandelt.
Die Staatsanwältin warf dem Angeklagten beharrliche Verfolgung (§ 107a StGB) vor. Nach dem 4. Juni, als er stundenlang ins fremde, straßenseitig gelegene Schlafzimmer gestiert hatte, habe sich der Mann auch am 11. und am 14. Juni, am 23. Juli und am 11. sowie am 25. August vor der Wohnung postiert und durchs Fenster geschaut und die Frau beobachtet, legte die Anklägerin dar. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft wurde die Betroffene damit auf unzumutbare Weise in ihrer Lebensführung beeinträchtigt.
Der Angeklagte war zum Stalking-Vorwurf geständig. “Ich hab’ Gefühle für sie entwickelt. Sie hat mir gefallen”, gab er zu. Anzusprechen hatte er die Betroffene – aus welchen Gründen auch immer – offenbar nicht gewagt.
Immer wieder begegnet
Für die 23-Jährige war die Sache nicht nur unangenehm. Sie machte ihr auch Angst, wie sie in ihrer Zeugenaussage bekräftigte. Der Unbekannte sei ihr auch beim Spazierengehen in einem Park entgegengekommen und eines Tages wenige Meter von ihr entfernt im selben Bus gesessen. Von der Polizei hätte sie später erfahren, der Angeklagte habe erklärt, sie zu “lieben”: “Es war ein Schock für mich. Ich bin verheiratet.” Ende August habe sie ihn schließlich auf Video aufgenommen und zur Anzeige gebracht. Seither habe sie zwar ihre Ruhe: “Aber ich habe immer das Gefühl, er folgt mir. Ich bleibe in dieser Wohnung nicht mehr. Ich kann da nicht mehr bleiben.”
“Es wird nie wieder passieren”, versprach der Angeklagte am Ende Einzelrichterin Petra Poschalko. Angesichts seiner umfassend geständigen Verantwortung und seiner bisherigen Unbescholtenheit entging der 22-Jährige einer Verurteilung. Die Richterin entschied sich für eine diversionelle Erledigung, womit dem Mann eine Vorstrafe erspart bleibt.
Er erklärte sich zum Erbringen von gemeinnützigen Leistungen im Ausmaß von 120 Stunden bereit. Außerdem übergab sein Verteidiger dem Ehemann der Betroffenen im Verhandlungssaal 300 Euro als finanzielle Wiedergutmachung – die Frau selbst hatte in ihrer Befragung von sich aus keine Ansprüche geltend gemacht. Die Entscheidung ist formal nicht rechtskräftig. Die Anklagevertreterin gab vorerst keine Erklärung ab.