Am Mittwochabend war der Jurist und Universitätsprofessor Robert Kert zu Gast in der ZiB2. Kert ist Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht und Vorstand des Instituts für Österreichisches und Europäisches Wirtschaftsstrafrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien.  

Vor 20 Jahren verkaufte der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser 60.000 Bundeswohnungen. Später wurden die Provisionszahlungen bekannt. Grasser wurde verdächtigt, die Privatisierung “eingefädelt” zu haben. Er kassierte mit anderen Vertrauten Millionen. Mitten in der Corona-Pandemie kam es zum Urteil. Grasser wurde zu acht Jahren Haft verurteilt und legte Berufung ein. Er beteuert seine Unschuld. Nun verhandelt der OGH, die höchste Instanz, den Prozess.

Unzumutbar

Für Robert Kert ist die Dauer “nicht rechtfertigbar”. 16 Jahre seien für einen funktionierenden Rechtsstaat zu lang. Kert: “Man sollte sie unbedingt verkürzen. Das ist keine Auszeichnung für ein funktionierendes Rechtssystem”. Für die Betroffenen und das Strafrecht sei das unzumutbar. Das Problem: Die heimische Strafprozessordnung verlangt, dass jeder Aspekt vollständig aufgeklärt wird. Dazu kommen das große öffentliche Interesse und die umfassende Berichtspflicht.

Hoffnung für Grasser

Grasser darf sogar auf einen Freispruch hoffen. Findet der OGH einen Verfahrensfehler oder hält er die rechtliche Beurteilung für unrichtig, könnte es zu einem Freispruch kommen. Darüber entscheiden die fünf Senate des OGH. Sie stimmen mit einfacher Mehrheit über den Fall ab. Wird ein Verfahrensfehler festgestellt, muss in erster Instanz neu verhandelt werden. Bei Fehlern in der Rechtsauslegung könne der OGH selbst entscheiden, erklärte Kert.

Im Falle einer Verurteilung kann Grasser noch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen, was aber keine aufschiebende Wirkung hat.

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