Die bekannte deutsche Bildungsexpertin, Buchautorin und ehemalige Schulleiterin Cordula Heckmann schlägt angesichts der Herausforderungen in den Schulen Alarm. 

 “Die Hütte brennt”, betonte sie im APA-Gespräch unter anderem angesichts von Fachkräftemangel und Integrationsproblemen. “Integration statt Segregation” sei nun besonders wichtig – die in Österreich geplanten “Reha-Klassen” betrachtete Heckmann jedenfalls skeptisch.

Im Regierungsprogramm der neuen österreichischen Bundesregierung aus ÖVP, SPÖ und NEOS werden “Reha-Klassen” für “erziehungsschwierige Kinder” angekündigt. “Das kann nur mit sehr kleinen Gruppen und ausreichend qualifiziertem Personal funktionieren”, erklärte Heckmann im Zuge eines Kongresses an der Pädagogischen Hochschule Tirol (PH Tirol) ihre Bedenken. Neben spezialisierten Lehrkräften brauche es nämlich auch Schulpsychologen, Logopäden und eine enge Zusammenarbeit mit Jugendämtern und Eltern.

“Wenn Integration und gute Bildung klappen sollen, braucht es einen Schulterschluss zwischen Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft”, forderte die Expertin. Außerdem brauche es eine stärkere Unterstützung von Problemschulen – daher begrüße sie auch das geplante Entwicklungsbudget der Bundesregierung. “Es gibt einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen sozioökonomischem Hintergrund und Bildungschancen”, berichtete Heckmann.

“Integration statt Segregation” 

Auch der Ausbau von Deutschförderklassen sowie verpflichtende Sommerkurse bei unzulänglichen Deutschkenntnissen waren im Regierungsprogramm angekündigt worden. Heckmann plädiert dabei für “Integration statt Segregation” beim Umgang mit Schülern ohne Deutschkenntnisse.

In Berlin habe man mit einem Stufenmodell gearbeitet: Sechs Wochen Willkommensklassen, danach Integration in Regelklassen mit zusätzlicher Sprachförderung. “Geflüchtete Kinder lernen weniger, wenn sie isoliert bleiben”, erklärte Heckmann. Gleichzeitig müssten auch Lehrer besser geschult werden, um Unsicherheiten abzubauen.

Handyverbot “nachvollziehbar”

Das von Bildungsminister Christoph Wiederkehr (NEOS) angekündigte Handyverbot bis zur 8. Schulstufe sehe sie differenziert: “Es ist nachvollziehbar, klingt aber einfacher, als es ist – vielleicht sollte man Australien ausprobieren lassen und dann schauen”, meinte sie lachend mit Blick auf die dort strengen Gesetze (Australien hat Ende 2024 ein Gesetz verabschiedet, das Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Zugang zu TikTok, Instagram & Co. verbietet, Anm.). Viel wichtiger sei es, Schüler – aber auch Lehrpersonal – im “kritischen Umgang mit Medien” zu schulen.

Generell lobte Heckmann den “systematischen bildungspolitischen Ansatz” der Bundesregierung und forderte gemeinsames Handeln: “Bildung muss aus dem Hamsterrad aus Eitelkeit und Konkurrenz herauskommen – keine Parteipolitik”, forderte sie.

Kinderfreundlicher Ansatz – Mehr Projektarbeit

Heckmanns Reformansatz basiert auf einem Drei-Säulen-Modell: Zunächst eine kinderfreundliche Haltung der Schulleitung mit dem Leitmotiv “Kein Kind, kein Jugendlicher geht verloren”, dann verbindliche Qualitätsstandards und schließlich Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Akteuren. Sie hat dieses Konzept im Zuge ihrer Zeit als Schulleiterin der Rütli-Schule in Berlin-Neukölln entwickelt und erfolgreich umgesetzt: Die Schule war 2006 nach einem Brandbrief in ganz Deutschland als Problemschule bekannt geworden. Gemeinsam mit Verantwortlichen fusionierte Heckmann die Schule 2009 mit zwei weiteren Schulen zu einer Gemeinschaftsschule, führte Klassenzusammenführungen ein und stärkte externe Kooperationen. Heute gilt der Campus Rütli als Vorzeigemodell für gelungene Schultransformation.

Als Vision für die Schule der Zukunft forderte die Expertin jedenfalls mehr projektbasiertes Lernen: “Themen könnten interdisziplinär behandelt werden.” Lehrkräfte sollten zudem mehr Freiräume zum Ausprobieren neuer Methoden erhalten – bei gleichzeitiger Qualitätssicherung. “Schulische Qualitätsmanagementsysteme (QMS) verstehe ich als Kompass für Schulleitungen. Wenn sich Schüler wohlfühlen, lernen sie besser, und die Unterrichtsqualität steigt”, erklärte Heckmann.

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