Der deutsche Kanzler Olaf Scholz rückt von seinem ursprünglichen Plan ab, erst im Frühjahr seinen Posten als Regierungschef zu räumen.

Nach dem Zerfall der Ampel-Koalition wurde er von der konservativen Union und dem Ex-Koalitionspartner FDP aufgefordert, rasch Neuwahlen zu ermöglichen.

“Ich klebe nicht an meinem Amt”, sagte der sozialdemokratische Politiker. Zugleich zeigte er sich zuversichtlich, dass er die vorgezogene Bundestagswahl gewinnen könne. In dem Interview wies Scholz neuerlich die Verantwortung für das Ende der Ampel-Koalition zurück. Er habe FDP-Chef Christian Lindner im Streit um das Budget nicht provoziert, sondern vielmehr bis zuletzt für den Erhalt der Koalition gekämpft. “Ich habe es ertragen, dass ich für den Kompromiss und die Kooperation immer wieder, manchmal auch gute Miene zu einem ziemlich bösen Spiel gemacht habe. Aber wenn es zu Ende ist, dann muss es auch zu Ende sein”, sagte er. Scholz verteidigte auch seine öffentliche Abrechnung mit Lindner, nachdem er seine Entlassung angekündigt hatte. “Es war anständig, klar und deutlich und für alle Bürgerinnen und Bürger sehr verstehbar”, sagte er. Häufig sei gefordert worden, er solle öfter auf den Tisch haben. Ohne sein Bemühen um Kompromisse hätte die Regierung nicht so lange gehalten.

Regierung ohne Mehrheit

Obwohl seine nur noch aus SPD und Grünen bestehende Regierung im Bundestag keine Mehrheit mehr hat, sitzt Scholz vergleichsweise gut im Sattel. In Deutschland kann ein Bundeskanzler nämlich nur abgesetzt werden, indem mit absoluter Mehrheit ein Nachfolger gewählt wird – oder der amtierende Regierungschef selbst die Vertrauensfrage stellt und diese verliert. Dies ist auch die einzige Möglichkeit, um zu vorgezogenen Neuwahlen zu kommen. Der Bundestag hat nämlich nicht die Befugnis, sich selbst aufzulösen.

Scholz wollte die Vertrauensfrage ursprünglich bis Jänner hinauszögern, damit erst im März gewählt würde. Bis dahin wollte er noch eine Reihe von aus seiner Sicht dringend erforderlichen Reformen beschließen. Allerdings bräuchte er dafür Unterstützung aus den Reihen der Opposition. Der konservative Oppositionsführer Friedrich Merz hat sich diesbezüglich gesprächsbereit gezeigt, aber erst nachdem Scholz die Vertrauensfrage gestellt haben wird.

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