Nach dem Bruch der deutschen Ampel-Koalition trifft Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Donnerstag mit Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) im Kanzleramt zusammen, um über das weitere Vorgehen bis zu einer Neuwahl zu beraten.
Scholz will die Vertrauensfrage im Bundestag erst am 15. Jänner stellen und dann eine vorgezogene Wahl Ende März herbeiführen. Merz forderte Scholz auf, die Vertrauensfrage “spätestens Anfang nächster Woche” zu stellen. Dann könne im Jänner gewählt werden.
Eine Zusammenarbeit bis zu Neuwahlen schlossen beide Politiker im Vorfeld nicht aus. Wenn Scholz den Weg zu Neuwahlen noch im Jänner freimache, wird die Union prüfen, welche Gesetzesprojekte sie bis dahin unterstützen könne, sagte Merz. “Wir sind selbstverständlich bereit (…) Verantwortung für unser Land zu übernehmen.” Scholz sagte, er wolle in einer Übergangsphase gemeinsam mit der Union “nach Lösungen suchen”, beharrte aber auf dem 15. Jänner als Termin der Vertrauensfrage.
Ampel-Crash
Nach dem dramatischen Platzen der Ampel-Koalition wurden am Donnerstag die Scherben zusammengekehrt. Der von Scholz nach einem beispiellosen Zerwürfnis gefeuerte Finanzminister Christian Lindner (FDP) erhält am Nachmittag von Deutschlands Präsident Frank-Walter Steinmeier seine Entlassungsurkunde. Der SPD-Politiker und Staatssekretär im deutschen Kanzleramt, Jörg Kukies, wird Lindner nachfolgen, erklärte ein Regierungssprecher.
Der Bruch der ersten deutschen Regierungskoalition von SPD, Grünen und FDP auf Bundesebene war Mittwochabend nach einem erbitterten Richtungsstreit vor allem über den künftigen Kurs in der Wirtschafts- und Budgetpolitik erfolgt. Als Reaktion zog die FDP ihre Minister aus dem schon seit vielen Monaten heillos zerstrittenen Dreier-Bündnis ab – und besiegelte somit das Ende der Ampel.
Neuwahl am 30. März?
Damit gibt es dann zum ersten Mal seit 2005 wieder eine rot-grüne Regierung, die allerdings keine Mehrheit im Parlament hat. Sie soll nur für eine Übergangsphase von unbestimmter Dauer bestehen. Als wahrscheinlichster Wahltermin gilt derzeit der 30. März, sollte Scholz die Vertrauensfrage erst im Jänner stellen. Die FDP forderte, wie alle anderen großen Oppositionsparteien, schon früher “Klarheit” von Scholz. “Die Ampel ist Geschichte. Jetzt darf keine Zeit mehr verloren werden”, schrieb CSU-Chef Markus Söder auf X. Deutschland brauche nun rasch Neuwahlen und eine neue Regierung. “Taktische Verzögerungen darf es nicht geben.”
FDP-Verkehrsminister Volker Wissing erklärte unterdessen, im Gegensatz zu seinen Parteikollegen, seinen Posten in der Regierung zu behalten. Da er seine Partei nicht in Schwierigkeiten bringen wolle, habe er seinen Austritt aus der FDP angekündigt. Justizminister Marco Buschmann und Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger baten hingegen am Donnerstag um ihre Entlassung.
Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) verteidigte unterdessen die Entlassung Lindners. Man hätte die bestehenden Budgetlücken schließen können, aber “der Wille war nicht da.” Habeck warf Lindner vor, Parteipolitik vor seine Verantwortung als Minister gestellt zu haben. Die FDP erklärte am Donnerstag, den Rauswurf aus der Regierung nicht provoziert zu haben. Die FDP habe Vorschläge für echte Reformen in der Wirtschaftspolitik gemacht, aber SPD und Grüne hätten nur Gegenvorschläge gemacht, die den aktuellen Herausforderungen nicht gerecht würden.