Nach dem warmen und trockenen Winter ist die Pollensaison früher gestartet als erwartet. Was Allergiker jetzt wissen sollten.
Der Frühling beginnt für viele Menschen mit laufender Nase, juckenden Augen und Atemproblemen: Die Pollensaison ist heuer mit einem Turbo gestartet. Aufgrund der klimatischen Bedingungen setzte die Blüte früher ein als gewohnt. Experten warnen vor den gesundheitlichen Folgen für Allergiker und rufen zu früher Diagnostik und gezielten Therapien auf.
Früher Start in die Pollensaison
Nach einem der wärmsten und trockensten Winter in der Messgeschichte startete die Pollensaison früher als erwartet. „Bereits Mitte Jänner wurden in Ostösterreich erste Konzentrationen von Hasel- und Erlenpollen gemessen“, berichtet Lukas Dirr, MSc, aerobiologischer Leiter des Österreichischen Polleninformationsdienstes. Allerdings bremste das wechselhafte Wetter im Februar den Pollenflug zunächst, bis der Temperaturanstieg in der ersten Märzwoche zu einem sprunghaften Anstieg der Pollenkonzentration führte. Dadurch, dass die Pollenmenge in der Luft so abrupt anstieg, wurden die Belastungen von Allergikern stärker wahrgenommen.
Allergie: eine oft unterschätzte Volkskrankheit
Allergien nehmen weltweit zu und werden dennoch oft unterschätzt. „Etwa 50 Prozent aller Menschen zeigen eine Sensibilisierung auf Allergene, bei der Hälfte kommt es zu allergischen Beschwerden“, erklärt Prim. Priv.-Doz. Dr. Fritz Horak, ärztlicher Leiter des Allergiezentrums Wien West. Pollenallergien, insbesondere gegen Gräser- und Birkenpollen, sind am weitesten verbreitet. „Bleibt eine allergische Entzündung unbehandelt, kann sie auf die unteren Atemwege übergreifen und zu chronischem Asthma führen“, warnt Horak. Er betont, dass frühe Diagnose und Behandlung essenziell seien, um eine sogenannte „Allergiker-Karriere“ zu verhindern, bei der sich verschiedene Allergien im Lauf des Lebens entwickeln.
Luftqualität & Klimawandel als zusätzliche Belastung
Nicht allein die Pollenmenge bestimmt die Intensität der allergischen Beschwerden. „Auch die Luftqualität spielt eine entscheidende Rolle“, erklärt Dirr. Schadstoffe wie Ozon können die Allergenität (Wirkung) von Pollen erhöhen und die dadurch verursachten Symptome verstärken. Zudem beeinflusst der Klimawandel den Verlauf der Pollensaison. „Blühzeiten verschieben sich, dauern länger und fallen teilweise intensiver aus, wodurch sich die pollenfreie Zeit zunehmend verkürzt“, so Dirr. Bereits jetzt wurde eine Verlängerung der Pollensaison bis Oktober hinein beobachtet.
Was wann blüht
Bis Ende März / Anfang April ist mit allergischen Belastungen durch Hasel- und Erlenpollen zu rechnen. Auf die Frühblüher Erle und Hasel folgt die Eschenblüte, die zwischen Mitte März und Mitte April die intensivste Belastung verursacht. Die Birkenblüte unterliegt in der Regel einem Zwei-Jahres-Rhythmus. Das bedeutet, Jahre mit hohen und geringeren Pollenmengen wechseln sich ab. 2024 war als überdurchschnittliches Jahr einzustufen, weshalb Allergiker heuer auf eine weniger intensive Saison hoffen dürfen.
„Die Birkenblüte wird heuer etwas früher als im langjährigen Mittel einsetzen, doch die Saison dürfte insgesamt unterdurchschnittlich intensiv ausfallen“, so Dirr. Im Osten Österreichs ist zwischen Mitte März und Ende April mit relevantem Pollenflug zu rechnen, der voraussichtlich Anfang April seinen Höhepunkt erreicht. In Westösterreich erstreckt sich die Birkensaison voraussichtlich von Mitte März bis Mitte Mai und erreicht den Höhepunkt vermutlich Mitte April und damit etwas später als im Osten. Die dritte Belastungswelle nach den Frühblühern und der Birken-/Eschensaison ist auf die Blüte der Süßgräser zurückzuführen. Erste Pollenkörner werden bereits Anfang April registriert und erreichen ab Anfang Mai relevante Konzentrationen. In den darauffolgenden Monaten kommt es zu mehreren Belastungsgipfeln, die von unterschiedlichen Gräserarten verursacht werden, ehe die Saison bis in den August hinein langsam ausklingt. Der Pollenflug der Wildkraut- und Gewürzpflanze Beifuß erreicht meist Mitte August seinen Höhepunkt, bevor das Unkraut Ragweed die Pollensaison von Spätsommer bis in den Oktober hinein vorerst abschließt. Dirr: „Danach haben Allergiker rund zwei Monate Ruhe – bis die Purpurerle wieder mit ihrer Blüte beginnt.“
Drei Säulen der Therapie
Die drei zentralen Ansätze zur Behandlung der Allergie sind die Allergenvermeidung, die symptomatische Therapie mit Medikamenten und die Allergen-spezifische Immuntherapie.
- Allergenvermeidung: Den Kontakt mit Pollen zu minimieren ist für Allergiker:innen besonders wichtig, wenn auch oft schwierig zu bewerkstelligen. Dr. Horak empfiehlt: Das Schließen der Fenster während der Hauptbelastungszeiten, das Tragen einer Sonnenbrille zum Schutz der Augen und das Vermeiden von Aufenthalten im Freien an besonders belasteten Tagen. Auch spezielle Pollenschutzgitter für Fenster oder Luftreiniger mit HEPA-Filtern können helfen, die Allergenbelastung in Innenräumen zu reduzieren.
- Symptomatische Therapie: Diese umfasst Medikamente, die allergische Reaktionen lindern. Antihistaminika sind die häufigste Wahl, da sie Juckreiz, laufende Nase und tränende Augen effektiv reduzieren. Nasensprays mit Kortison wirken entzündungshemmend und sind besonders bei starken Symptomen wirksam. Zusätzlich gibt es Kombinationspräparate, die verschiedene Wirkstoffe enthalten und so eine umfassendere Linderung ermöglichen. Bronchienerweiternde Mittel können bei Betroffenen mit asthmatischen Beschwerden helfen.
- Allergen-spezifische Immuntherapie (AIT): Diese Methode, auch Hyposensibilisierung genannt, zielt darauf ab, das Immunsystem langfristig gegen Pollenallergene zu desensibilisieren. Über einen Zeitraum von meist drei Jahren werden dem Körper in steigender Dosierung Allergene verabreicht – entweder als Spritze (subkutan) oder in Form von Tropfen bzw. Tabletten (sublingual). „Die Immuntherapie kann das Immunsystem langfristig umtrainieren und das Risiko für Asthma senken“, betont Horak. Studien zeigen, dass AIT nicht nur Symptome reduziert, sondern auch das Fortschreiten einer Allergie verhindern kann. Sie eignet sich besonders für Kinder ab fünf Jahren, um eine spätere Verschlechterung zu vermeiden. Die AIT kann bereits ab dem Kindesalter durchgeführt werden und zeigt langfristige Erfolge, da sie direkt an der Ursache, nämlich am Immunsystem, eingreift.
Österreichweite Polleninfo
Der Österreichische Polleninformationsdienst (ÖPID) stellt durch ein Netzwerk von 25 Messstellen in ganz Österreich hochpräzise Polleninformationen bereit. Diese Daten werden von Botanikern und Analysten ausgewertet, in Wien und Stockerau zusammengeführt und der Bevölkerung kostenlos zur Verfügung gestellt. „Unsere Services sind wissenschaftlich fundiert und ermöglichen eine passgenaue Information für jeden einzelnen Allergiker in ganz Österreich“, erklärt Dr. Markus Berger, Leiter des ÖPID. Dank der Zusammenarbeit mit internationalen Institutionen wie Geosphere Austria, dem Finnish Meteorological Institute und Copernicus, dem Erdbeobachtungsprogramm der EU, können die Pollenprognosen mit Wetter- und Luftverschmutzungsdaten kombiniert werden. In Kooperation mit Copernicus ist es sogar möglich, personalisierte Symptomvorhersagen zu erstellen, die auch den Einfluss der Luftverschmutzung berücksichtigen.
Digitale Helfer für Allergiker
Um sich besser auf die Pollensaison vorzubereiten, stehen Allergiker:innen verschiedene digitale Services zur Verfügung. „Die Pollen+ App sowie Informationen auf www.polleninformation.at helfen, den aktuellen Pollenflug zu verfolgen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen“, sagt Dirr.
Neu: KI-gestützte Polleninformation als Podcast
Mit dem „Insider PollenPodcast“ erweitert der ÖPID sein Informationsangebot. „Podcasts werden immer beliebter. Deshalb bieten wir nun fundierte Inhalte zum Pollenflug und zu Allergien auch als Audioformat an“, so Berger. Die Inhalte werden mithilfe künstlicher Intelligenz in gesprochene Beiträge umgewandelt und sind auf polleninformation.at sowie auf Plattformen wie Spotify und Apple Podcasts abrufbar.