Der serbische Ministerpräsident Miloš Vučević ist überraschend zurückgetreten. Auslöser war der mysteriöse Einsturz eines Daches in einem Bahnhof in der zweitgrößten serbischen Stadt Novi Sad, bei dem 15 Menschen ums Leben kamen.
Aufgrund monatelanger Massenproteste ist Vučević in Bedrängnis geraten und gibt sich nun geschlagen. Nachdem die Bauarbeiten des berüchtigten Bahnhofs unter seiner Verantwortung begonnen hatten, stürzte er erst wenige Monate nach seiner Fertigstellung ein und riss 15 Menschen mit in den Tod.
Hatte Vučević Mitschuld?
In seiner Bürgermeisterzeit in Novi Sad betreute Vučević das Bauprojekt – an dem mutmaßlich gepfuscht worden sein könnte – bis 2022. Seit vergangenen Mai übte er das Amt des Ministerpräsidenten aus. Trotzdem entfachte sich die Wut der Bevölkerung so mehr auf seine Person, dass sein Rücktritt gefordert wurde.
Heftige Protestwellen
In Belgrad gingen die Menschen seit November täglich gegen die Regierung auf die Straßen. Ob Autobahnzufahrten oder der staatliche Fernsehsender RTS – die Menschenmengen verharrten dort teilweise 24 Stunden, um ein Zeichen gegen die Regierungsspitze zu setzen.
Der Unmut der Bevölkerung stieß an seine Grenze, als mehrere demonstrierende Studenten von Unbekannten verprügelt worden waren. Die mutmaßlichen Täter werden verdächtigt, aus Kreisen der Regierungspartei SNS – aus der auch Vučević kommt – zu stammen. Ein möglicher Versuch, die Proteste zu unterdrücken?
Ausland sei schuld
Vučević wies die Verantwortung bei seinem Rücktritt von sich und stellte die Behauptung in den Raum, dass die Protestwelle “zweifelsohne im Ausland ausgedacht” worden sei. Eine gezielte und ausgeklügelte Operation, um das Balkanland zu schwächen, so der Politiker.
Schlimmste Regierungskrise seit 2000
Dabei hatte der serbische Präsident Vučić – der derselben Partei SNS angehört – den Ministerpräsidenten erst am Montag mit der Regierungsbildung beauftragt. Nun ist unklar, ob Neuwahlen stattfinden oder ein anderer Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten gefunden wird. Laut Medienberichten sprechen Experten von der schwersten Regierungskrise, die Serbien seit dem Sturz des weltbekannten Autokraten Slobodan Milosevic im Jahr 2000 aktuell durchläuft.