Für den Chef des teilstaatlichen Öl- und Gaskonzerns OMV ist die besiegelte Zusammenlegung des Kunststoffgeschäfts mit seinem arabischen Kernaktionär Adnoc ein Meilenstein in der Unternehmensgeschichte.  

“Was wir hier schaffen, ist ein absoluter Lichtblick”, sagte OMV-Vorstandschef Alfred Stern am Dienstag in einem Reuters-Interview. “Wir bringen einen chemischen Weltkonzern mit Hauptsitz nach Österreich.”

Der Weg dorthin war jedoch lang und anspruchsvoll. Über eineinhalb Jahre verhandelten OMV und Adnoc über die Fusion ihrer Petrochemietöchter Borealis und Borouge. Am Montag wurde der Vertrag schließlich in Wien unterzeichnet. Unter dem Namen Borouge Group International entstehe der weltweit viertgrößte Polyolefin-Hersteller mit einem Unternehmenswert von 60 Milliarden Dollar.

OMV und Adnoc werden wie berichtet jeweils knapp 47 Prozent der Anteile halten. Für ihren Anteil bringt OMV rund 1,6 Milliarden Euro an Eigenkapital in die neue Gesellschaft ein.

“Schritt lag auf der Hand”

Wer ursprünglich die Idee zu der milliardenschweren Fusion hatte, wollte Stern Reuters nicht erläutern. “Ich würde sagen, es lag auf der Hand, diesen Schritt zu gehen.” Der Manager, der vor seiner Zeit als OMV-Chef bereits die Leitung von Borealis innehatte, betonte, dass OMV ihre Stärken im Polyolefin-Geschäft gezielt genutzt habe, um weiter zu wachsen, die geografische Präsenz auszubauen und den Zugang zu attraktiven Rohstoffquellen zu sichern. Polyolefine sind Kunststoffe, die beispielsweise in Verpackungen, Alltagsprodukten, Fahrzeugteilen und medizinischen Anwendungen zum Einsatz kommen.

Zudem sei das Marktumfeld in der Chemiebranche herausfordernd. Deshalb seien Zusammenschlüsse mit Synergiepotenzial besonders attraktiv. “Gerade dann, wenn sich signifikante Einsparungen realisieren lassen”, so Stern.

Stern kündigt höheren Gewinn an

“Wir freuen uns enorm für die OMV”, sagte Stern und verwies darauf, dass der Deal für die Aktionäre finanziell vorteilhaft und wertschaffend sei. “Wir werden einen höheren Cashflow erzielen, unseren Gewinn je Aktie steigern und unsere attraktive Dividendenpolitik weiter stärken.”

Komplexer Deal

Dass sich die Verhandlungen so lange hingezogen haben, erklärt Stern mit der hohen Komplexität des Deals – insbesondere durch die zusätzliche Integration von Nova Chemicals. “Das hat die Diskussion etwas verzögert.”

Wer künftig an der Spitze des neuen Unternehmens stehen wird, ist noch offen. “Entscheidend ist, dass wir hier absolute Spitzenkräfte für den Vorstand gewinnen”, erklärte Stern. Ob er selbst eine Rolle im neuen Konzern anstrebt, ließ er offen: “Ich konzentriere mich auf die Umsetzung der OMV-Strategie, bei der wir große Fortschritte machen.” Als Beispiel nannte er das Erdgasförderprojekt Neptun Deep im Schwarzen Meer – eines der größten Entwicklungsprojekte der EU.

Adnoc wird künftig das Recht haben, den Aufsichtsratsvorsitz zu stellen, während der Vorstand gemeinschaftlich von beiden Partnern bestimmt wird. Der Aufsichtsrat soll jeweils fünf Vertreter von OMV und Adnoc sowie voraussichtlich fünf Arbeitnehmervertreter umfassen.

Geplant ist, dass das neue Unternehmen an der Börse in Abu Dhabi notiert, da Borouge dort bereits gelistet ist. Bis 2027 ist zusätzlich eine Zweitnotierung in Wien vorgesehen. Der Abschluss der Transaktion wird bis zum ersten Quartal 2026 erwartet.

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