“Ich habe dieses verdammte Haus nicht gerettet, damit irgendein Idiot kommt und mich ausraubt”

Drei Meter hohe Flammen bedrohten das Haus von Nicholas Norman in einem Vorort von Los Angeles. Mit nicht mehr als Kübeln voller Wasser gelang es dem Lehrer, sein Zuhause vor dem verheerenden Feuer in Kalifornien zu retten. Doch nun kämpft der Mann aus Altadena gegen eine weitere Bedrohung: Plünderungen.

Kaum war die Gefahr durch das von Winden angefachte Flammeninferno zumindest in seiner Straße gebannt, sah Norman gegen 3.00 Uhr am Donnerstag zwei verdächtige Männer. “Sie untersuchten die Türen und schauten durch die Fenster” von evakuierten Häusern, erzählt er unter seiner Maske. “Die Leute sind einfach nur bescheuert.”

Ein befreundeter Polizist habe ihn gewarnt, dass einige Straßen weiter nur wenige Stunden zuvor Plünderer festgenommen worden seien, sagt er. Norman beschloss, sein Haus lieber selbst zu bewachen: “Ich habe das klassische amerikanische Ding gemacht: Ich habe mein Gewehr geholt und mich da draußen hingesetzt, ein Licht angemacht, damit die Leute wissen, dass da jemand ist.”

Erinnerungen an Unruhen ’92

Norman erinnert diese Nacht an die Unruhen in Los Angeles 1992, als Straßen in Flammen standen, nachdem der Afroamerikaner Rodney King von weißen Polizisten zu Tode geprügelt worden war. Damals habe er als kleiner Bub mit seinem bewaffneten Vater in der Dunkelheit vor der Haustür gesessen, um die Familie zu schützen, “während überall geschossen wurde”. Nie hätte er gedacht, dass er im verschlafenen Altadena Ähnliches erleben würde, sagt Norman.

Vor acht Jahren zog er in die Vorstadt im Hinterland von Los Angeles, in der etwa 42.000 Menschen leben. Nun wurde Altadena Opfer eines der insgesamt fünf Brände, die seit Dienstag rund um Los Angeles wüten. Mindestens zehn Menschen starben. In Altadena verwüsteten die Flammen 5500 Hektar. Zum Teil sind ganze Straßen verschwunden, in anderen stehen noch wenige Häuser, während in der Nähe ganze Häuserblocks unbeschädigt blieben.

Für die Menschen in Altadena ist der Gedanke, dass Kriminelle nun ihr Elend ausnutzen, unerträglich. “Ich habe dieses verdammte Haus nicht gerettet, damit irgendein Idiot kommt und mich ausraubt”, sagt Norman wütend. “Das wird nicht passieren.” Deshalb will der Familienvater, der normalerweise nicht einmal sein Auto abschließt, nach Sonnenuntergang wieder sein Gewehr in die Hand nehmen, auf der Veranda sitzen und Runden durch das Viertel drehen.

Zahlreiche Festnahmen

Mindestens 20 Plünderer habe die Polizei im Großraum Los Angeles schon festgenommen, sagte der Sheriff des Bezirks, Robert Luna. Die Patrouillen von Polizei und Armee würden jeden anhalten, der in den evakuierten Gebieten unterwegs ist. “Wenn Sie sich in einer dieser Gegenden aufhalten und da nichts zu suchen haben, werden Sie verhaftet”, drohte der Sheriff.

Auch Normans Nachbar Chris will sich nicht allein auf die Sicherheitskräfte verlassen. Als er Donnerstagfrüh auf Schleichwegen in sein eigentlich abgeriegeltes Viertel zurück kam, fand er das Vorhängeschloss am Tor zu seinem Haus aufgebrochen. “Das ist ein klarer Beweis dafür, dass mitten in der Nacht jemand hier war”, sagt der Architekt, der seinen Nachnamen nicht nennen möchte.

Den ganzen Donnerstag verbrachte er deshalb damit, an seinem gerade renovierten Haus Fenster und Türen mit Sperrholz zu verbarrikadieren, um Dieben keine Chance zu geben. “Es ist ziemlich traurig”, seufzt Chris. In den nächsten Tagen will er ebenfalls nachts Wache schieben. “Wir sind gerade dabei, die Bewachung in der Nachbarschaft zu organisieren. Und das alles nur, weil irgendwelche Idioten sich an Opfern vergreifen, die bereits dem ganzen Wahnsinn ausgesetzt sind”, sagt er.

“Das ist echt ätzend”, ärgert sich Chris. “Ich würde meine Zeit lieber damit verbringen, meinen Nachbarn zu helfen.” Er zeigt auf die Ruinen auf der anderen Straßenseite, wo einige Gasleitungen noch brennen und das Feuer jederzeit wieder aufflammen lassen könnten.

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