Die 55-Jährige aus dem Pinzgau war auf der Stelle tot. Laut eigenen Aussagen wollte Angeklagte seine Mutter eigentlich “nur” erlösen. 

Der 32-Jährige zeigte sich vor dem Geschworenengericht in Salzburg geständig, seine Mutter am 23. November 2023 erschossen zu haben. “Ich bekenne mich zu hundert Prozent schuldig”, so der Angeklagte am Landesgericht. Die Tat ereignete sich im Wohnzimmer jenes Einfamilienhauses im Bezirk Zell am See, in dem Mutter und Sohn im gemeinsamen Haushalt gelebt hatten.

 Als Motiv gab der bisher unbescholtene Sohn, er habe seine Mutter von der belastenden Situation, die er durch seine eigene langjährige Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit hervorgerufen wurde, erlösen wollen.

Auch an diesem Tag sei er wieder rückfällig und stark betrunken gewesen – “es nagt wieder an ihr”, antwortete der Pinzgauer auf die Frage der vorsitzenden Richterin Martina Kocher, was konkret der Auslöser war, dem Leben seiner Mutter ein Ende zu setzen. “Wenn ich es nicht ganz falsch im Kopf habe, habe ich zu ihr noch gesagt: ‘Mama, es tut mir so leid, ich kann nicht anders.’ Dann habe ich die Waffe auf sie gerichtet und auf den Abzug gedrückt.” Der Schuss traf die Frau aus nächster Nähe im Gesicht, sie war auf der Stelle tot.

Verständigte selbst die Polizei

Der ausgebildete Pflegeassistent, der seit 2019 Notstandshilfe bezog und an Angststörungen und Depressionen leidet, hatte nach der Tat die Polizei über den Notruf verständigt und ein Geständnis abgelegt. Er wurde noch während des Telefonats festgenommen. Im Wohnzimmer fanden die Polizisten die Getötete auf der Couch liegend, im Hintergrund lief der Fernseher. Als Tatwaffe wurde eine Schrotflinte sichergestellt, die der 32-Jährige rechtmäßig besaß. Zeugen der Tat gab es keine.

Einem Gutachten zufolge hatte der Beschuldigte zur Tatzeit 2,3 Promille Alkohol im Blut. Laut der Expertise der neuropsychiatrischen Sachverständigen Gabriele Wörgötter war er eingeschränkt zurechnungsfähig. Staatsanwalt Robert Holzleitner berichtete, dass der Angeklagte zuletzt in der Wintersaison 2018/2019 in einem Skiverleih gearbeitet hatte, vorher in einem Altersheim tätig war und damals noch ein “normales Leben” geführt habe. Im Laufe der Jahre habe der Mann allerdings Psychopharmaka genommen, teilweise auch missbräuchlich, und in Kombination mit Alkohol. “Er hat sich selbst als Quartalstrinker bezeichnet.”

Am 23. November 2023 habe der Beschuldigte hochprozentigen Alkohol und diverse Psychopharmaka konsumiert, er habe aber sehr wohl noch gewusst, was er tut, so der Staatsanwalt. “Ein wesentlicher Teil dieses Verfahrens wird die Frage nach dem Warum ausmachen, warum er auf diese Art und Weise seine Mutter ‘erlösen’ wollte.”

Die Frage nach den Waffen konnte der Angeklagte auf Nachfragen der Richterin erklären. Seine ehemalige Freundin sei Sportschützin gewesen. Er habe sie des Öfteren auf den Schießplatz begleitet und mit den Waffen trainiert. Weil er mit der Signalpistole am Silvesterabend 2022 vor einem Lokal einen Schuss in die Luft abgegeben hatte, um sich vor einem aggressiven Gast zu schützen, wie der 32-Jährige heute erklärte, bekam er einen Strafantrag wegen gefährlicher Drohung. Das Verfahren wurde diversionell erledigt. Deshalb gilt der Mann noch wie vor als bisher unbescholten.

Verteidiger Peter Macheiner sagte, die Tat sei durchs nichts zu rechtfertigen. Er ersuchte das Gericht, die damalige Situation des Angeklagten zu berücksichtigen und bat um ein mildes Urteil. Wegen des Restless Leg-Syndroms (RLS), an dem der Beschuldigte seit seinem 20. Lebensjahr leide, habe dieser ärztlich verschriebene, opiathaltige Medikamente genommen, erklärte der Anwalt. Bei diesem Syndrom verspüren die Betroffenen einen unangenehmen Bewegungsdrang in den Beinen, hauptsächlich in den Waden. Kribbeln oder Ziehen sind typische Symptome.

Die Medikamente hätten gewirkt, sein Mandant sei aber in eine Abhängigkeit gerutscht. “Er wollte davon loskommen, er war auf einem guten Weg, dass er die Tagesdosis reduziert”, sagte der Verteidiger. Die Entzugserscheinungen seien aber belastend für den Mann und seine Familie gewesen. “Die Ärzte warnen vor Suchtverlagerungen – man greift zu einem Ausweg. Das war der Alkohol.” Dennoch sei das Zusammenleben mit der Mutter harmonisch gewesen.

Der Angeklagte selbst sprach von einer behüteten Kindheit. “Auch schulisch und ausbildungstechnisch hat alles gepasst. 2019 ist dann die Diagnose Opiatabhängigkeit gestellt worden. Ein normaler Arbeitsalltag war nicht mehr möglich.” Er habe Hilfe von den Ärzten bekommen und auch einen guten Rückhalt von der Familie gehabt. “Der Entzug und die Therapie waren mein Wille.” Allerdings habe sich im Jahr 2023 der Alkohol wieder phasenweise eingeschlichen, da habe er gesehen, dass sich die Mutter Sorgen mache. “Sie sagte zu mir, sie macht das schon und sucht sich Hilfe, wenn es ihr nicht gut geht. Es gibt nichts, was die Tat entschuldigt. Schuldig bin ich und sonst keiner. Es tut mir leid für die Familie.”

Ein Urteil soll bald folgen. 

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