40 Jahre lang war Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt Mannschaftsarzt des FC Bayern München, nun rechnet der inzwischen 82-Jährige gnadenlos mit dem deutschen Rekordmeister ab.
„Wenn ich mir die Mannschaft heute ansehe, fehlt mir die Identifikation zahlreicher Spieler mit dem Verein. Es ist ein Gefühl! Der FC Bayern war eine Familie, heute ist er aber mehr und mehr zu einem Großunternehmen geworden. Die Spieler rangieren auf einer Werteskala je nach Ablösesumme“, spricht der Mediziner im „Merkur“ Klartext.
Dem FC Bayern fühlt sich Müller-Wohlfahrt weiterhin verbunden. „Ich sehe mich als stiller Beobachter. Wiederholt hätte ich gerne eingegriffen, um bei medizinischen Problemen zu helfen. Das waren so meine Gedankenspiele.“
Der Mediziner übt auch Kritik, wie der Verein mit ihm selbst umgegangen ist. „Unter Jürgen Klinsmann wollte ich schon mal hinschmeißen“, gesteht der 82-Jährige. Damals hat Uli Hoeneß allerdings erfolgreich interveniert.
Eklat in Porto
Zum endgültigen Bruch kam es dann unter Pep Guardiola. „Der fürchterliche Eklat in Porto hat mich tief getroffen. Von der anwesenden Vereinsführung hätte ich mir aufgrund meiner Verdienste Rückendeckung erwartet. Ich hätte Schuld an der Niederlage, lautete der Vorwurf. Das ist doch absurd! Das konnte ich nicht akzeptieren“, so Wohlfahrt. Damals (im März 2015) wurde Müller-Wohlfahrt von Guardiola nach einer 1:3-Niederlage vor der versammelten Mannschaft zusammengeschrien. Einen Tag später trat der Mediziner zurück, kehrte 2017 aber noch einmal zu den Bayern zurück.
Der Facharzt für Orthopädie und Sportmedizin war 1977 zu den Bayern gestoßen und mit einer kurzen Unterbrechung mehr als 40 Jahre lang Mannschaftsarzt. Bei der deutschen Nationalmannschaft zog er sich nach der WM 2018 in Russland zurück.