Miriam Höller hat “Das Leben ist ungerecht” veröffentlicht. Wir haben uns mit ihr darüber unterhalten.
Sie hatte scheinbar vor nichts Angst, machte ihren Traum zum Beruf: Stuntfrau Miriam Höller führte ein selbstbestimmtes, schönes Leben. Doch dann erlebt sie zwei Schicksalsschläge: Bei einem Stunt verletzt sie sich schwer, kurz darauf kommt ihr Lebensgefährte, der österreichische Airshow-Pilot Hannes Arch ums Leben.
Höller: Offene Worte im oe24-Talk
Tiefen. Wie geht es weiter, wenn Seele und Körper kaputt sind? Genau das und den Weg zurück ins Leben beschreibt Miriam Höller in ihrem soeben erschienenen Buch Das Leben ist ungerecht – Und das ist gut so.
Leben verflucht
Hätte Höller diesen Titel immer gewählt? Im oe24-Talk erklärt sie: „Ganz sicher nicht. Ich habe jahrelang das Leben verflucht und als extrem ungerecht wahrgenommen und konnte lange keinen Frieden mit dem schließen, was mir passiert ist.“
Doch Höller erklärt weiter: „Zugleich war es mein großer Antrieb, irgendwann an den Punkt zu kommen, an dem ich sagen kann: Es ist okay, was mir passiert ist und wie das Leben ist. Das hat Jahre der Heilung gebraucht.“
Hollywoodfilm und Illusion
Höller beschreibt ihr Leben mit Anfang 20 als Hollywoodfilm, als Illusion. Die „Realität namens Leben“ hat sie sich erst erarbeiten müssen: „Leben bedeutet Veränderung, und die einzige Sicherheit liegt darin, wie fähig wir sind, mit diesen Veränderungen umzugehen.“ Mit ihrer Authentizität, den offenen Schilderungen in ihrem Buch gelingt es, das an ihre Leserinnen zu vermitteln.
Das ganze oe24-Interview
Sie sind Herausforderungen gewöhnt, aber: Ein Buch schreiben – wie hat sich das für Sie angefühlt, war es schwer?
Höller: Auf jeden Fall war der Prozess, dieses Buch fertigzustellen, sehr herausfordernd – vor allem, weil es meine eigene Lebensgeschichte ist. Somit geht es nicht nur um die größten Erfolge, die ich gefeiert habe, sondern vor allen Dingen auch um die Reflexion meiner schmerzhaftesten Tiefschläge. Der Wert für den Leser liegt in den Lehren, die ich daraus gezogen habe. Und genau das hat mich beim Schreiben – immer dann, wenn es besonders anstrengend wurde – weitermachen lassen, denn ich habe mir so ein Buch gewünscht, als es mir so schlecht ging.
Ihr Buch trägt den Titel: „Das Leben ist ungerecht und das ist gut so“ – waren Sie immer dieser Meinung?
Höller: Ganz sicher nicht. Ich habe jahrelang das Leben verflucht und als extrem ungerecht wahrgenommen und konnte lange keinen Frieden mit dem schließen, was mir passiert ist. Zugleich war es mein großer Antrieb, irgendwann an den Punkt zu kommen, an dem ich sagen kann: Es ist okay, was mir passiert ist und wie das Leben ist. Das hat Jahre der Heilung gebraucht. Nie hätte ich gedacht, dass ein Mensch, der so voller Lebensfreude ist, so tief abstürzen und das gesamte Leben infrage stellen kann. Aber ich hätte auch nie gedacht, dass ich irgendwann wieder so glücklich und erfolgreich werde, wie ich es heute bin. Ich wollte ein Beweis dafür sein, dass wir das Leben wieder lieben und genießen können – trotz der unerträglichen Schmerzen, die es uns zugefügt hat.
»Weißt du, Schnucki«, sagt er mit leiser Stimme, »wenn du morgen sterben würdest, würde ich weitermachen.« – Sie haben ein Gespräch über Liebe und Tod mit Ihrem Freund Hannes geführt, kurze Zeit vor seinem Tod. Damals waren Sie verletzt. Wie haben Ihnen seine Worte später geholfen?
Höller: Zu diesem Zeitpunkt war ich Anfang 20 und konnte die Klarheit, mit der Hannes damals schon auf das Leben geschaut hat, nicht verstehen. Ich lebte noch zu sehr in einem Hollywoodfilm, als in der Realität namens Leben. Heute kann ich es viel besser nachvollziehen. Wir Menschen leben gerne in einer Illusion – zum Beispiel in der Vorstellung, dass unser Lebenspartner immer neben uns aufwachen wird. Genau diese Illusion schmerzt umso mehr, je fester wir uns an ihr klammern.
Heute weiß ich: Leben bedeutet Veränderung, und die einzige Sicherheit liegt darin, wie fähig wir sind, mit diesen Veränderungen umzugehen.
Sie schreiben nach seinem Tod, über böse Stimmen: „So sind die Menschen: Wenn alles gut geht, bejubeln sie dich. Wenn etwas schiefläuft, zeigen sie auf dich“ – wie kann man damit umgehen?
Schlussendlich war es nicht der Tod von Hannes und auch nicht meine Fehler beim Unfall, die mir am meisten weh taten, sondern der Umgang vieler Menschen damit. Es hat mir gezeigt, wie oft Empathie in unserer Gesellschaft fehlt. Auch hier blicke ich heute auf diese schmerzhaften Enttäuschungen zurück und habe meine Lehren daraus gezogen. In meiner herausforderndsten Zeit haben Menschen ihr wahres Gesicht gezeigt – negativ wie positiv, und so konnte ich mein Umfeld aufräumen. Heute ist es sehr kraftvoll und aufrichtig. Das ist ein perfektes Beispiel dafür, dass wir in der Zerstörung stets die Schönheit finden können.
Sie haben soeben Ihre neue Liebe (zu Roland Trettl, Anm.) öffentlich gemacht – wie würde dieses neue Kapitel heißen, wenn es noch in Ihrem Buch zu finden wäre?Ich habe mein Buch bewusst als alleinstehende Frau beendet und mein letztes Kapitel „Happy Endless“ genannt – weil ich mein größtes Happy End in einem noch lebendigen Prozess bin. Es wird nie ein Mann, ein Kind, ein Haus oder irgendetwas anderes im Außen sein, sondern immer ich selbst. Roland ist ein riesengroßes Geschenk, und ich wusste, dass etwas Neues in mein Leben kommen würde, wenn ich Altes loslasse. Genau das habe ich mit diesem Buch getan. Meine Leser halten nun eines meiner wertvollsten Werke in den Händen, die ich je erschaffen habe – und ich meine Zukunft. Somit würde ich mein letztes Kapitel wohl „Bittersüße Überraschung“ nennen, denn genau das ist das Leben: Es überrascht uns immer wieder – auf schmerzhafte und liebevolle Weise.