Im Sudan hat die RSF-Miliz nach eigenen Angaben ein von einer Hungersnot betroffenes Flüchtlingslager in der westlichen Region Darfur unter ihre Kontrolle gebracht.
Die RSF erklärte am Sonntag, sie habe das Lager Samsam „vollständig“ aus der Gewalt der Armee „befreit“ und Einheiten in das Camp geschickt, um „Zivilisten und humanitäre Helfer zu schützen“. Im Camp Samsam leben nach Angaben der UNO mehr als 500.000 Binnenvertriebene.
Kämpfe seit April 2023
Im Sudan liefern sich die Armee von Militärherrscher Fattah al-Burhan und die RSF-Miliz seines früheren Stellvertreters Mohammed Hamdan Daglo seit April 2023 einen blutigen Machtkampf. Die sudanesische Armee kontrolliert den Osten und Norden des Landes sowie seit März die Hauptstadt Khartum, während die RSF-Miliz fast die gesamte Region Darfur im Westen des Landes eingenommen hat und weite Teile des Südens kontrolliert.
Seit Freitag griffen RSF-Kämpfer Al-Fashir, die Hauptstadt des Bundesstaates Nord-Darfur, und die nahegelegenen Flüchtlingslager Samsam und Abu Schuk mit schwerer Artillerie an. Eine mit der Armee verbündete bewaffnete Gruppe, die von Darfurs Gouverneur Minni Minnawi angeführt wird, schätzte die Zahl der Todesopfer am Sonntag auf mehr als das Vierfache. Die Angaben der Gruppe lassen sich unabhängig aber nicht überprüfen.
Aktivisten: Seit Freitag mindestens 112 Zivilisten getötet
Mindestens 112 Menschen seien durch den Angriff der Miliz RSF getötet worden, teilte das Frauenrechtsbündnis Siha mit. Die RSF habe eine Gemeinschaftsküche des Lagers in Nord-Darfur niedergebrannt und die dort arbeitenden freiwilligen Helferinnen getötet, unter ihnen eine schwangere Frau.
Ein Bündnis aus mehr als 70 Hilfsorganisationen erklärte, unter den mehr als 100 Toten des Angriffs vom Freitag seien Berichten zufolge mehr als 20 Kinder. Im Lager Samsam leben mindestens 500.000 Geflüchtete – andere Schätzungen gehen von bis zu einer Million Menschen aus.
Tausende geflohen
Viele weitere Opfer müssten noch identifiziert werden. Die RSF bestritt gezielte Angriffe auf Zivilisten in Samsam und erklärte, die Armee habe das Lager als „Militärstützpunkt“ genutzt und Zivilisten als „menschliche Schutzschilde“ missbraucht.
Nach Angaben von Augenzeugen sind tausende Menschen aus dem Lager geflohen. Der Flüchtling Abdallah Adam berichtete, er habe nach einem dreitägigen anstrengenden Fußmarsch die etwa 80 Kilometer entfernte Stadt Tawila erreicht. „Wir sind vor den Bomben und dem Hunger geflohen, nachdem uns das Essen ausgegangen war. Jetzt leben wir unter einem Baum“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP.
„Unsere Kinder brauchen Essen“
Amany al-Tajeb Dawud, die mit ihrem Mann und ihren fünf Kindern flüchtete, wurde vorher schon einmal vertrieben. Ihre Familie sei vor den Kämpfen in Al-Fashir nach Samsam geflohen, berichtete sie. „Doch dann erreichten der Beschuss und die Angriffe auch Samsam.“ Auch sie war drei Tage lang unterwegs. „Wir sind gestern in Tawila angekommen, aber wir haben immer noch Hunger. Unsere Kinder brauchen Essen“, sagte die Frau.
Al-Fashir ist die einzige Hauptstadt eines Bundesstaates in Darfur, die noch unter der Kontrolle der sudanesischen Armee steht. Dies macht sie zu einem wichtigen strategischen Ziel der RSF. In den betroffenen Flüchtlingslager hatte die UNO im vergangenen Jahr eine Hungersnot festgestellt.